Ausstellungen

Was heißt das konkret?

Gastspiel: Diesen Sommer glänzen Werke aus dem Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt in der Berliner Repräsentanz des Münchner Auktionshauses Ketterer

Von Renate Franke
01.08.2018

Das Wort „konkret“ hat lateinische Wurzeln, es bedeutet „zusammengewachsen“, „verdichtet“. Für den Latein-Kenner gibt schon das Wort entscheidende Hinweise auf den Charakter „konkreter“ Kunst. Nach dem Willen der Vordenker geht es um eine Kunstrichtung  „ohne Beziehung zur visuellen Wirklichkeit“.  Die bildnerischen Elemente sollen hier keinesfalls Abbild der Natur sein,  und sie sollen auch keine symbolische Bedeutung transportieren.

 

1930 erstmals definiert

Der Maler, Dichter und Kunsttheoretiker Theo van Doesburg hat die Bezeichnung für die „konkrete“ Kunstrichtung 1930 in der Zeitschrift Art Concret erstmalig verwendet und auch definiert: „Konkrete Kunst ist die Bezeichnung für eine Kunst ohne jede Beziehung zur visuellen Wirklichkeit, in der die bildnerischen Elemente weder Abbild der Natur noch symbolisch gemeint sind, sondern in einem Wechselspiel von (meist geometrischen) Formen nur sich selbst bedeuten“.

Diese kühne und rigorose Kunst-Bewegung, „weg von allem Abbildhaften“, formierte sich am Anfang des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern Europas nahezu gleichzeitig. Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs war eine Zeitenwende fällig – auch für die Kunst. Unter unterschiedlichen Namen ging der Trend zur Konkreten Kunst. Wassily Kandinsky sprach von „Absoluter Malerei“, 1910,  Kasimir Malewitsch gründete 1915 in Russland den „Suprematismus“ und in den Niederlanden bildete sich 1917 die dem Konkreten zugewandte De Stijl-Bewegung, die von Piet Mondrian und Theo van Doesburg angeführt wurde – hier galt auch der Begriff „Elementarismus“.  Für die neue Kunst fehlten Vorstellungen und Kriterien, es fiel schwer, treffende Worte zu finden, weil die Konkrete Kunst sich aus Gedanklichem, nahezu Philosophischem  nährt. Klar bestimmt ist nur Eines: Konkrete Kunst will kein Abbild schaffen: Die künstlerischen Mittel sind emanzipiert; Linie, Fläche, Form. Farbe und  Rhythmus sind nun Akteure im Kunstwerk, sie sind Ausdruck menschlichen Denkens. Das, was zu sehen ist, ist konkret gemeint, nicht stellvertretend.

 

Von unterkühlt bis seelenvoll

Für auf Genuss gestimmte Kunstliebhaber der „Alten Schule“ sind die analytisch kühlen Bilder der konkreten Kunst gewöhnungsbedürftig. Die Mehrzahl „Ohne Titel“, eine „Reduktion von Farbsystemen“,  ein „Grüner Kreis“, ein graues Rechteck, „Strukturelle Elemente“ – Ketterer präsentiert Fülle und Vielfalt des Konkreten auf allerhöchstem Niveau: Max Bill, Raimund Girke, Hermann Glöckner und Victor Vasarely sind nur ein paar zufällig gewählte Namen. Besonders begeistert Günther Uecker – auch wenn er den Vorgaben vom Spiel nur sich selbst bedeutender Formen nicht so ganz entspricht. Sein Bild „Regen“ zeigt unendlich viel mehr, als selbstgenügsame Dreiecke, Quadrate oder „Faltungen“ von Papier: Man spürt sofort: Hier sprechen Herz und Seele – und das ganz konkret.

Service

"Zu Gast bei Ketterer Kunst Berlin - Das Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt"

bis 30. September 2018

Ketterer Kunst
Fasanenstr. 70 • 10719 Berlin
Tel.: +49 30 88 67 53 63
infoberlin@kettererkunst.de

Öffnungszeiten: 

Montag-Freitag  10:00 – 18:00 Uhr
Samstag             11:00 – 16:00 Uhr

und nach Vereinbarung

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