Der österreichische Künstler Gerwald Rockenschaub hat das Schlossmuseum Linz in ein farbenfrohes Gesamtkunstwerk verwandelt. Ein Gespräch über Wiener Schmäh, Clubkultur und die Komposition von Bildern
ShareCode Humor, auch. Der Wiener Schmäh! So einen kleinen Schmäh erlaube ich mir einfach gelegentlich – wenn zum Beispiel in einer Animation in der Ausstellung im Belvedere 21 in Wien die österreichische Fahne auftaucht oder wenn ich jetzt in Linz ein Ölbild von 1986 zeige, in welchem rote Flecken auf weißem Untergrund an Blut erinnern könnten, oder vielleicht sollten es doch nur rote Farbkleckse sein … wer weiß.
Ich war fast fertig mit dem Studium an der Universität. Welche beruflichen Möglichkeiten hat man damit? Fachakademiker oder Lehrer. Beides lag mir im Grunde nicht. Das Interesse an einem Kunststudium kam dann eher zufällig. Die Hochschule für angewandte Kunst war damals die wichtige Kunstschule in Wien, nicht die Akademie der bildenden Künste. An der Angewandten lehrten Peter Weibel und Bazon Brock. Joseph Beuys hatte eine Gastprofessur. Oswald Oberhuber war Rektor. Karl Lagerfeld – nicht zu vergessen – hatte die Modeklasse! Das war ein Sammelbecken guter, für mich interessanter Professoren. Und dann habe ich da halt die Aufnahmeprüfung gemacht und bin angenommen worden. Fragen Sie mich nicht, wie und warum! Es hat jedenfalls funktioniert…
Das wusste ich selbstverständlich nicht und ich bin erst im Laufe der Zeit darauf gekommen. Meine Interessen und auch Ambitionen haben sich Schritt für Schritt entwickelt, auch das, was ich überhaupt künstlerisch kann. Und Zufälle halt. Von Leuten wie Peter Weibel und diversen Assistenten in unserer Klasse wurde ich darauf gestoßen. Sie haben uns Studierende einfach in erster Linie mit jeder Menge essenzieller Infos versorgt. Und was wir dann daraus machten, war jedem mehr oder weniger selbst überlassen. Es hat nicht lange gedauert, dann hat mich weder das Studium an der Uni noch an der Angewandten wirklich interessiert. Jugendlicher Übermut… Das hatte natürlich auch mit dieser Zeit Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger und dem Umfeld zu tun: Punk, New Wave. Everything is possible. Mit drei Akkorden kannst du Weltkarriere machen, jetzt sehr plakativ ausgedrückt. Selbstverständlich haben wir auch eine Punkband gegründet, einfach weil das möglich war! „Molto Brutto“ war der Name und genau so hat das auch geklungen. Wir haben Platten gemacht, wir haben unter anderem auch eine Deutschlandtournee absolviert. Ich habe Gitarre gespielt. Ich habe Gitarre nie gelernt, hatte aber in jungen Jahren Klavier- und Geigenunterricht.
Ja, die musikalische Basis … Also wie funktioniert Musik. Was ist ein Takt? Und so weiter. Das ist fürs Komponieren einfach wichtig. Mit der Band hat es sich dann relativ schnell aufgehört, denn der Sänger war leider schwer drogenabhängig. Da habe ich mir gedacht, dieses Drama brauche ich echt nicht. Als ich dann 1985/1986 das erste Mal in New York war, bin ich sofort in die Clubs gelaufen. Zurück in Wien war ich ab 1987 bei den ersten Partys dabei und habe dort Platten aufgelegt. Das Wort „Djing“ benutzte damals noch niemand. Da ich wegen meiner Ausstellungen international unterwegs war, kam ich auch an Plattenmaterial. Es gab ja am Anfang diesbezüglich nichts Brauchbares in Wien. Die Szene hat sich dann allerdings sehr schnell entwickelt: Auf einmal existierte eine tolle Clubkultur, auch mit diversen ortsansässigen Musikern, und ich bin dann auch als DJ international rumgereist. Ab 1995 hatte ich mit einem Partner in Wien den Club „the audioroom“. Vier Jahre später bin ich dann nach Berlin gezogen und habe mir gesagt: „Scheiß auf den ganzen Musikkram!“
Ganz einfach: Weil vieles möglich war in diesem bestimmten Zeitfenster! Peter Pakesch hat Anfang der Achtziger mit seiner neuen Galerie den Wiener Galeriebetrieb aufgemischt. Da waren auch andere wie etwa die Galerie nächst St. Stephan gezwungen, sich umzuschauen, sich neu zu orientieren.