Am Kupfergraben Nr. 10 steht ein scharfkantiges Galerienhaus, das der Architekt David Chipperfield 2007 für Heiner und Céline Bastian gebaut hat. Ganz oben bietet die Galerie Bastian einen tollen Blick – und Kunst von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart, derzeit Polaroids von Andy Warhol aus dem New York der Seventies und Eighties. Auf den zwei Stockwerken darunter breiten sich die großzügigen Räume der Galerie Contemporary Fine Arts aus, die Künstler wie Cecily Brown und Georg Baselitz vertritt. Zum Gallery Weekend werden neue Arbeiten der Brüder Gert und Uwe Tobias sowie von Christian Rosa präsentiert. Beim Verlassen des Gebäudes haben Sie eine große Baustelle im Blick: Hier entsteht die James-Simon-Galerie, die zentrale Eingangshalle für die Museumsinsel, ebenfalls von Chipperfield. Wenn Sie links am Kanal entlanggehen, wundern Sie sich vielleicht, warum am Kupfergraben immer Polizisten stationiert sind: Sie bewachen die Wohnung von Angela Merkel. Die Kanzlerin hat es nicht weit bis zum Café im Bode-Museum, für das wir den Spreekanal überqueren, um uns mit Kaffee und Kuchen im üppigen neobarocken Ambiente zu stärken. Ein Museumsticket ist dafür nicht nötig.
Über die malerische Monbijoubrücke führt der Weg zur Bernheimer Contemporary. Isabel, die jüngste Tochter des Münchner Altmeisterhändlers Konrad Bernheimer, hat in dem Areal gegenüber dem Monbijoupark, das derzeit aufwendig restauriert wird, die erste Galerie bezogen und stellt meist junge Künstler aus. Nicht weit davon, auf der Oranienburger Straße 18, sind die Räume der Galerie Sprüth Magers, die auch in Köln, London und Los Angeles operiert und Künstler wie Rosemarie Trockel und John Baldessari im Programm hat. In den beeindruckenden Räumen – ein ehemaliger Ballsaal ist dabei – gibt es Werke von Thea Djordjadze, Craig Kauffman und Alexandre Singh zu entdecken.
Wer übrigens mit Kindern unterwegs ist, sollte unbedingt den verwunschenen Krausnick-Park hinter der Galerie besuchen, zu erreichen durch ein unscheinbares Tor. Weiter geht es an der Synagoge vorbei in die Heckmannhöfe, eine einladende Hinterhofpassage, die bis zur lebendigen Auguststraße führt. Viele Galerien sind hier beheimatet, aber auch das KW Institute for Contemporary Art, ab Anfang Juni wieder Hauptschauplatz der Berlin-Biennale. Ein Tipp: Im Café Bravo kann man schön im Hof sitzen und Leute beobachten. Nebenan lockt die private Kunst- und Wunderkammer von Thomas Olbricht im me Collectors Room, außerdem zeitgenössische Kunst aus seiner Sammlung. Originell ist auch der Museumsshop. Allein auf der Auguststraße könnte man sich stundenlang au alten: Gegenüber in der Jüdischen Mädchen- schule prunkt das Restaurant Pauly-Saal in einer alten Turnhalle mit Murano-Leuchtern, einer großen Rakete von Cosima von Bonin – und mit einem Michelin-Stern. Erkunden Sie das Gebäude, das Alexander Beer 1930 errichtete: etwa die Galerie Michael Fuchs in ehemaligen Klassenzimmern im dritten Stock, die zum Gallery Weekend Arbeiten des elsässischen Klassikers Tomi Ungerer zeigt, oder das Museum The Kennedys. Nicht viel weiter liegen das Traditionslokal Clärchens Ballhaus, die Galerie Deschler und – ein Urgestein auf der Auguststraße 11– die Galerie Eigen+Art, die Künstler wie Neo Rauch und Tim Eitel im Programm hat und ab Ende April neue Werke von Carsten Nicolai präsentiert.
Kicken Berlin auf der Linienstraße 161a ist die erste Adresse für Fotografie vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Hier ist zum Beispiel Helga Paris’ Doppelbildnis aus der Serie »Häuser und Gesichter, Halle 1983–1985« zu finden. Um zu Neugerriemschneider zu gelangen – Berliner Heimat von Künstlerstars wie Ai Weiwei –, durchqueren Sie einen idyllischen Backsteinhinterhof auf der Linienstraße 155. Zum Gallery Weekend kuratiert Tobias Rehberger hier eine Ausstellung mit Weggefährten unter dem Titel »presently«, für die er obige Werke schuf. Auch die Galerien Kuckei & Kuckei (Linienstraße 158) und Gerhardsen Gerner (Nr. 85) lohnen den Besuch. Auf keinen Fall dürfen Sie die Galerie Neu auslassen, mit skurriler Location in der Linienstraße 119: ein mit Waschbeton verkleidetes Heizhaus inmitten eines Plattenbau-Karrees. Anne Collier bespielt es ab Ende April.
Auf der Torstraße 220 liegt das umtriebige Eigen + Art Lab, jüngster Ableger des Leipziger Originals, in dem Carsten Nicolai sich für die nächste Schau als Kurator betätigt. Die letzten Stationen warten in »Noto«, Neu-Berlinerisch für die Gegend »North of Torstraße«. Durch die Schlegelstraße 26 erreichen Sie den Hof, in dem Mehdi Chouakri seine hochkarätigen Ausstellungen präsentiert. Wenn nun der Abend hereinbricht, können Sie auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof vielleicht noch in den Genuss der Lichtkunst von James Turrell kommen. Seine meditative Kapelle leuchtet zur Dämmerung in wechselnden Farben. Oder Sie besuchen, mit Anmeldung, den Boros-Bunker – eine weitere Berliner Kunstsensation.