Kunstwissen

Kunst im Netz - Papstesel und Luther-Monster

Die Bildpolemiken der Reformationszeit

Von Peter Dittmar
05.05.2017

„Der Teufel ist stolz,“ soll Luther gesagt haben, „am besten vertreibt man ihn mit Hohn.“ Und da für ihn der Papst des Teufels war, schienen ihm Hohn und Spott die rechten Mittel wider die Papisten. Das „Passional Christi und Antichristi“ von Philipp Melanchthon mit den Holzschnitten von Lucas Cranach, das auf 13 Doppelseiten das gottgefällige Leben Jesu der schändlichen Weltlichkeit des Papstes gegenüberstellt, war deshalb nach seinem Geschmack. Unter http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kawerau1885 ist das Faksimile der deutschsprachigen Ausgabe mit einer Einleitung in dem Nachdruck von 1885 einzusehen. Und unter http://bit.ly/2pGosew ein koloriertes Exemplar der lateinischen Version „Antithesis figurata vitae Christi et Antichristi“. Aber nicht nur die lutherische Seite verstand, das Medium der Einblattholzschnitte zu nutzen, so dass die Bildpolemik erstmals in der religiösen wie politischen Auseinandersetzung eine Rolle spielte. Denn die Spottbilder waren gelegentlich noch in Latein, meist aber deutsch untertitelt oder in der Grafik erklärt, weil die Allegorien, auf die sie zurückgriffen – beispielsweise den „Papstesel“ oder „Martinus Luther Siebenkopff“ (Abb.) – , nicht jedem verständlich sein konnten.

Eine Auswahl dieser Karikaturen hat Alois Payer, ein Privatgelehrter, auf der Seite http://bit.ly/2o7qGnp zusammengestellt, allerdings ohne Erläuterungen. Da ist der Katalog von Wolfgang Harms und Beate Rattay, der 1983 die Ausstellung mit „Illustrierten Flugblättern aus den Jahrhunderten der Reformation und der Glaubenskämpfe“ begleitete, weitaus hilfreicher. Jeder der 152 Einblattdrucke aus der Grafiksammlung der Veste Coburg wird abgebildet und ausführlich erläutert. Dabei geht es nicht nur darum, wer gegen wen polemisierte. Sondern auch um viele Details mit Anspielungen im Bild wie im Text, die in den Anmerkungen aufgeschlüsselt werden. Unter http://www.kunstsammlungen-coburg.de/downloads/katalog-illustrierte-flugblaetter.pdf kann man im Katalog blättern.

Doch nicht nur Coburg verfügt über einen historischen Bestand an Flugblättern, mit denen der Kampf um die bibelgerechte Auslegung der Heiligen Schriften erstmals die kirchlichen Residenzen und Herrscherhöfe verließ. Schließlich verstand Luther die Erfindung Gutenbergs geschickt zu nutzen, um den „gemeinen Mann“ zu gewinnen. Das Virtuelle Kupferstichkabinett (http://www.virtuelles-kupferstichkabinett.de/) erfaßt mehr als 50 000 Druckgraphiken und Zeichnungen aus den Sammlungen des Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig und der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Darunter sind Konvolute aus dem 16. Jahrhundert, die sich auf die Reformation beziehen. Die Eröffnungsseite wendet sich an den, der weiß, was er sucht. Aus dem Ergebnis läßt sich ein einzelnes Blatt mit seiner Beschreibung aufrufen und gut vergrößern.

Wer auf einen Überblick aus ist, wird auf den Reiter „Bild-Browser“ verwiesen, der Themenlisten anbietet, die dann wiederum untergliedert sind. So gelangt man via –> Religion –> christliche Religion –> die Kirche (als Institution) schließlich zur Rubrik „Aspekte der christlichen Religion oder der Kirche (als Institution) in der Kritik, der Karikatur und der Lächerlichkeit preisgegeben“. Deutsch ist dabei die Hauptsprache, jedoch kann man auch Englisch, Französisch oder Italienisch für die Erläuterungen wählen.

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