Kunstwissen

Nicht nur schauen, auch anfassen

„Ein großer Mann ist, wer ein Tongeschirr so benutzt, als wäre es Silber. Nicht weniger groß ist aber auch, wer Silber so benutzt, als sei es ein Tongeschirr“, schrieb der Philosoph, Dramatiker, Naturforscher und Politiker Lucius Annaeus Seneca (um 1 – 65 n. Chr.) in einer seiner Epistulae morales ad Lucilium.

Von Stefan Weixler
23.09.2016

Wer es sich leisten konnte, demonstrierte freilich schon immer lieber nach „Variante B“, dass er kein Kleingeist war – und stellte seine kostbaren Pokale, Teller, Platten und Schüsseln den Gästen nicht nur zur Schau, sondern auch zur Verfügung.

Im 16. / 17. Jahrhundert, als Silber zunehmend aus südamerikanischen Minen auf den Kontinent gelangte, die höfische Nachfrage nach Tafelgerät mit „éclat“ rapide anstieg, entwickelte sich die Reichsstadt Augsburg zu einer der wichtigsten Adressen für künstlerisch und handwerklich erstklassige Arbeiten jeglicher Kategorie und Dimension – vom einfachen Besteck bis hin zum umfangreichen Service, vom bescheidenen Messkelch bis hin zum monumentalen Altar. Eine Bandbreite, die europaweit kein weiteres Produktionszentrum auf ähnlich hohem Niveau abdecken konnte. 

Am 9. Mai offerierte das Auktionshaus Metz in Heidelberg einen um 1604 entstandenen, 33 Zentimeter hohen Deckelpokal des Augsburger Meisters Jeremias Nathan (Abb.). Das zeittypische Stück mit Stadt- und Meisterpunze (zwei gekreuzte Bootshaken im Schild), Glockenfuß, Röhrenschaft, Scheibennodus, Becherkuppa und Ritterknauf, umlaufend verziert durch Bandelwerk und Landschaften in Reserven, realisierte 23.000 Euro. 

Service

Abbildung

Auktionshaus Metz, Heidelberg

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KUNST UND AUKTIONEN Nr.15/2016

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