Kunsthandel

Am Tisch der Medici

„Tavolino di gioie“ nannte Giorgio Vasari die verzierte Tischplatte, die er für Großherzog Francesco de’ Medici entwarf. Für den Kunsthändler Luca Burzio ist das Stück die „Mona Lisa des Kunsthandwerks“

Von Sebastian Preuss
10.05.2018

Es ist eine perfekte Komposition aus edlen Steinen. Marmorstege bilden ein raffiniertes Netz aus Ovalen, Kreisen, Rechtecken, Rauten oder amphorenartige Gebilden. Dazwischen sind ausschließlich Hartsteine eingelassen, so passgenau, dass man keine Fugen sieht. Allein dreizehn größere Flächen aus Lapislazuli, zudem Jaspis, Achat, Mondstein, Karneol, Diasporit und andere harte, schwer zu bearbeitende Steine – pietre dure, wie sie schon in der Renaissance genannt wurden. Das Ganze ist ein Wunderwerk an Handwerkskunst, im Dienst eines virtuos arrangierten Bildes, das sich allein aus geometrischen Formen entwickelt. „Die Mona Lisa des Kunsthandwerks“, schwärmt der Londoner Händler Luca Burzio, der die Tischplatte zusammen mit Robilant+Voena auf der Tefaf in Maastricht vorstellte. Pietra dura, so der kunsthistorisch eingebürgerte Begriff für die Intarsien aus Hartsteinen, kam im 16. Jahrhundert in Rom und Florenz auf und wurde zum Inbegriff von Renaissance-Luxus.

Vor allem die Medici förderten die neue Technik, die bald als „Florentiner Mosaik“ in ganz Europa begehrt war. Cosimo und Francesco de’ Medici gaben bei Giorgio Vasari – Maler, Erbauer der Uffizien und mit seinen Künstlerviten der Begründer der Kunstgeschichte – das Design für drei Tische in Auftrag. „Tavolino di gioie“ (Schmucktisch) nennt Vasari selbst das Werk, das er für Großherzog Francesco entwarf, 1568 in seinen „Vite“. Er überliefert auch den ausführenden Meister: Bernardino Porfirio da Leccio. Nachdem Burzio und Robilant+Voena die Platte aus italienischem Privatbesitz erworben hatten, konnte der Florentiner Kunsthistoriker aus Archivquellen belegen, dass es tatsächlich Vasaris Tisch für Francesco sein muss. Seit 1588 ist er lückenlos in den MediciInventaren nachweisbar, bis er 1870 an einen englischen Händler, bald danach an die Herzöge von Westminster ging, die ihn 1959 versteigern ließen. Auf der Rückseite der Platte fanden sich sogar Nummern, die mit den Inventaren übereinstimmten. Es ist die sensationelle Wiederentdeckung eines verloren geglaubten Meisterwerks. Und eine Sternstunde des Kunsthandels.

Service

Dieser Text erschien in

Weltkunst Nr. 143 / 2018

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