Architekturbiennale in Venedig

6 Fragen an Gisela Winkelhofer

Anlässlich der diesjährigen Architekturbiennale in Venedig präsentiert die Kuratorin und Sammlerin Gisela Winkelhofer im Palazzo Pisani die Gruppenausstellung „Venice_Transformed. Connecting Art_Architecture“. Unsere Venedig-Korrespondentin hat sie während des Aufbaus getroffen

Von Petra Schaefer
13.05.2025

Frau Winkelhofer, was fasziniert Sie an Venedig?

Die 1895 gegründete Biennale von Venedig – die Mutter aller Biennalen – ist das Äquivalent zu den Oscars oder den Filmfestspielen von Cannes. Sie ist die einzige große Kunstausstellung der Welt mit nationalen Vertretungen, so dass sie gewissermaßen als die Olympischen Spiele der Kunstwelt betrachtet werden kann. Im 13. und 14. Jahrhundert war Venedig wie Dubai und Wall Street in einem, heute lässt sich dies in erster Linie auf die Kunstbiennale übertragen: „La Biennale Arte“ ist wie ein Luxus-Label im zeitgenössischen Kunstbereich.

Links: Arik Levy, „RockFormationTower 132“, 2020; rechts: Arik Levy, „RockFormationTower 144“, 2023. © Irina Gavrich

Im Fokus der Ausstellung steht die künstlerische Transformation der Lagunenstadt. Sind die Arbeiten eigens für Venedig entstanden?

Mehr als die Hälfte der gezeigten Künstler wie Julian Opie, Carina Brunnelli, Gregor Hildebrandt und Veronica Gaido haben eigens für diese Gruppenausstellung Werke über die letzten Monate erarbeitet, die einen spezifischen Bezug zur Lagunenstadt haben. Von einer Weltpremiere kann man definitiv bei Julian Opie’s Virtual Reality Installation „OP.VR/Venice“ (2025) sprechen; also ein Kunstwerk, das speziell für einen bestimmten Ort, in diesem Fall Venedig konzipiert wurde und in einer Wechselbeziehung zum Ort steht. Sein Venedig-Rundgang erfährt man mit einer Google-Brille, die die Stadt in den charakteristischen Opie-Farben und dem Opie-Stil erleben lässt. All die bis ins letzte Detail abgestimmten Nuancen lassen dieses Kunstwerk zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. 

Auf welche weiteren Arbeiten können wir uns freuen?

Carina Brunnelli hat speziell zur Architekturbiennale die Stadt künstlerisch mit ihren Fotoarbeiten transformiert: Venedig und das Wasser – untrennbar verbunden. In dieser Serie wird das Wasser selbst zum Pinsel, der die Konturen verwischt und Neues entstehen lässt. Dies erschafft eine Szenerie, die an impressionistische Meisterwerke erinnert. Die Architektur verschwimmt – ein Bild, das den Moment hält, aber zugleich vergeht, so wie das Wasser, das niemals stillsteht. Die Fotografie wird zur Malerei, Venedig zur Leinwand, das Wasser zur Seele. Auf den visionären Spuren Marco Polos lädt uns die Fotografin Veronica Gaido auf eine Reise durch Städte ein, die sowohl real als auch imaginär sind. In City Architecture Patterns tauchen Venedig, Xi’an, Shanghai und Hongkong nicht als starre Bilder auf, sondern als lebendige, atmende Erinnerungen, als emotionale Spuren, die zwischen Zeit und Raum schweben. So wie Marco Polo von Venedig aufbrach, um von realen und imaginären Städten zu berichten, verwandelt Gaido ikonische Orte in vielschichtige Visionen, in denen die Zeit aufgehoben und der Raum zur Sprache wird. Darüber hinaus hat Gregor Hildebrandt in einer einzigartigen Weise neue Bildwerke und seine charakteristischen Schallplatten-Säulen realisiert, die im besonderen Maße die architektonischen Gegebenheiten berücksichtigen.

Fotografie: links: Gregor Hildebrandt,
Links: Gregor Hildebrandt, „Puppen“, 2025 rechts: Gregor Hildebrandt, „Brot“, 2025. © Irina Gavrich

Im Piano Nobile des Palastes passen Sie großformatige Werke von Gregor Hildebrandt in die Rokoko-Stuckaturen ein. War die historische Ausstattung der Grund, warum Sie sich für Palazzo Pisani als Ausstellungsort entschieden haben?

Die historische Ausstattung war nicht der Grund, jedoch muss man uneingeschränkt sagen, dass der Palazzo Pisani, heute das Musik-Konservatorium, als zweitgrößter Palazzo nach dem Palazzo Ducale in Venedig ein Juwel der Architektur mit seinen Innenhöfen und den Arkaden darstellt. Die „Hardware“ – sprich die Architektur, ist mit dieser „Software“ – den einzigartigen Kunstwerken, eine perfekte Symbiose eingegangen. Der Ort ist so lebendig wie kaum ein anderer in Venedig. Die jungen Musikerinnen und Musiker geben diesem soviel positive Energie, so dass der Besuch zu einem Erlebnis wird. Gerade Gregor Hildebrandt ist für seine einzigartige Verwendung von analogen Medien wie Kassetten, VHS-Kassetten und Vinyl-Schallplatten bekannt. Mit diesen Materialien schafft er minimalistische, aber emotional ansprechende Gemälde, Skulpturen und Installationen, die Erinnerung, Klang und Zeit erforschen. Für den Piano Nobile im Palazzo Pisani  hat er eine geniale Idee umgesetzt – eine perfekte Symbiose von Inhalt und Ausführung.

Fotografie: Gregor Hildebrandt,
Gregor Hildebrandt, „Gisela-Säule“, 2025. © Irina Gavrich

Mit welcher Arbeit fühlen Sie sich besonders verbunden?

Definitiv mit der „Gisela-Säule“, die der Künstler Gregor Hildebrandt eigens in Anlehnung an eines meiner farbenfrohen Pucci-Kleider geschaffen hat. Ich trug es bei unserer „La Festa del Redentore“–Party im Juli 2024 in Venedig.

Was planen Sie für die Kunstbiennale 2026?

Die Planungen laufen auf Hochtouren, jedoch kann ich dazu noch keine Einzelheiten verraten. Großes ist wieder mit großartigen Künstlerinnen und Künstlern geplant – ich hoffe, sie werden im April 2026 Realität.

Service

AUSSTELLUNG

„Venice_Transformed. Connecting Art_Architecture“

Palazzo Pisani, Venedig

Ausstellung

Biennale Architettura 2025

Venedig

10. Mai bis 23. November 2025

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