Abgespaltene Kunst

„Secessionen“ in Berlin, Wien und München

Gustav Klimt, Franz von Stuck und Max Liebermann stehen für revolutionäre Kunstbewegungen und neue Stile in Wien, München und Berlin. Eine millionenschwere Ausstellung blickt auf die Gemeinsamkeiten der Secessionen

Von Weltkunst News
23.06.2023

Eine griechische Göttin steht für revolutionäre Umbrüche in der Kunstszene. In zwei epochalen Versionen hängt sich „Pallas Athene“ nun in Berlin erstmals selbst gegenüber. Die jeweils 1898 entstandenen Werke von Gustav Klimt (1862-1918) und Franz von Stuck (1863-1928) gelten als künstlerische Ausgangspunkte der Secessionen in Wien und München. Jede für sich eine gemalte Abrechnung mit dem damaligen Kunstbetrieb. Klimts „Judith“ von 1901 vervollständigt das hochkarätige Trio als Zentrum in der Alten Nationalgalerie, umringt von berühmten Arbeiten Max Liebermanns (1847-1935) als Standbein der Berliner Secession.

Die Ausstellung „Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann“ beleuchtet vor allem die Gemeinsamkeiten dieser umwälzenden Entwicklungen im deutschsprachigen Raum. Die etwa 220 hochkarätigen Arbeiten von rund 80 Künstlerinnen und Künstlern in 13 thematischen Räumen sind von diesem Freitag an bis zum 22. Oktober zunächst in Berlin zu sehen.

Im nächsten Jahr zeigt das Wien Museum, Partner der Ausstellung, vom 22. Mai bis 13. Oktober die Werke. Dafür gab es einen „nie dagewesenen Austausch von Sammlungsgegenständen“, sagte Ralph Gleis, Direktor der Alten Nationalgalerie, der die Ausstellung mit der Vizedirektorin des Wien Museums, Ursula Storch, kuratierte.

In München geht es 1892 los, Wien und Berlin folgen fünf und sieben Jahre später. Künstler, auch einige Künstlerinnen distanzieren sich vom aus ihrer Sicht altbackenen Kunstbetrieb. Mit dem Wechsel des Jahrhunderts wollen sie herkömmliche Sichtweisen und Techniken hinter sich lassen. Das revolutionäre Potenzial bündelt sich in Secessionen, angelehnt am lateinischen Wort für Abspaltung.

Was sich damals als künstlerische Avantgarde verstand, hängt heute als Touristenmagnet in Museen weltweit. Konkrete Werte lassen sich bei solchen Arbeiten kaum schätzen. Ein Hinweis darauf: Die Leihgaben für die Ausstellung wurden mit mehreren hundert Millionen Euro versichert.

Die drei wichtigsten Protagonisten werden meist mit Stilen und Orten verbunden: Klimt mit Wien und Jugendstil, von Stuck mit München und Symbolismus, Liebermann schließlich steht häufig für Berlin und Impressionismus. Die Ausstellung zeigt zahlreiche Gemeinsamkeiten und gegenseitige Einflüsse der eng miteinander verbundenen Kunstbewegungen. Dafür stehen Werke unter anderem von Lovis Corinth, Max Klinger, Käthe Kollwitz, Sabine Lepsius, Max Slevogt oder Lesser Ury.

Auch internationale Kontakte werden deutlich. Viele der Secession-Mitglieder hatten selbst Studienaufenthalte im Ausland hinter sich. Einflüsse zeigen etwa Arbeiten von Ferdinand Hodler, Auguste Rodin oder Edvard Munch. Dessen Arbeiten waren 1892 im Verein Berliner Künstler noch abgehängt worden, aber später bei Secessionsausstellungen in Berlin, München und Wien zu sehen.

Werke von 14 Künstlerinnen sind nun dabei. Frauen war der Akademiebetrieb zu diesem Zeitpunkt noch völlig verwehrt, zudem nahm zunächst nur die Secession in Berlin weibliche Mitglieder auf. Aus Sicht von Storch spiegelt die Ausstellung zahlenmäßig ungefähr das Verhältnis von damals wider. Der Organisation Fair Share ist das zu wenig. Sie kündigte zur Ausstellungseröffnung eine Protestaktion an.

Aufmerksamkeit war schon historisch wichtig. „Die Secessionen taten alles dafür, wahrgenommen zu werden“, sagte Storch. Von Zeitgenossen wurden die Bewegungen in Berlin, München und Wien „wie ein Rausch“ wahrgenommen. Die Ausstellung konzentriert sich auf die frühen Phasen mit einer Zeitspanne von 1892 bis 1913. (dpa)

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