Christian Louboutin in Monaco

Form, Farbe, Fetisch

Im monegassischen Grimaldi-Forum schlägt eine mehrteilige Werkschau des Schuhdesigners Christian Louboutin nun das zweite Kapitel auf: Sie führt tief hinein in ein Labyrinth hemmungsloser Kreativität

Von Olga Grimm-Weissert
19.07.2022

Louboutinistas erkennt man schon von weitem an den feuerroten Sohlen ihrer High Heels. Der französische Designer Christian Louboutin ließ dieses rote Fundament seiner meist dramatisch hohen Damenschuhe als phänotypisch patentieren. Aber ist eine Farbe denn geistiges Eigentum? Na klar, bereits Yves Klein war so clever, ein spezielles Ultramarin mit den Initialen IKB schützen zu lassen. Schon lange bevor Christian Louboutin sein unverwechselbares Markenzeichen vor Kopisten sicherte, genossen diese Kreationen Kultstatus. Und nicht nur das. Der stets heiter und positiv gestimmte 58-Jährige ist selbst ein vergötterter Gast in Showbusiness, Kunstsphären und bei den Carrie Bradshaws dieser Welt, die sich seine kostspieligen Schuhe leisten können. Caroline von Monaco zählt seit 1991 zu diesem Kundinnenstamm und verhalf Louboutin zu rascher Berühmtheit, als sie ein von Andy Warhols „Flowers“-Serie inspiriertes Paar beim Bal de la Rose in Monaco trug.

Nun kürte die monegassische Prinzessin ihren Schuhvertrauten Louboutin zum künstlerischen Direktor dieses für den Zwergstaat so wichtigen Charity-Ereignisses samt Feuerwerk über dem Mittelmeer. Louboutin beerbte den verstorbenen Modedesigner Karl Lagerfeld, der als Intimus der Prinzessin bislang das Motto des Rosen-Balls mitbestimmte und sein Dekor übernahm.

Christian Louboutin
Der berühmte Schuhdesigner Christian Louboutin, Jahrgang 1964, ließ das rote Fundament seiner meist dramatisch hohen Damenschuhe als phänotypisch patentieren. © Grimaldi Forum Monaco

Weiteres Glanzlicht des monegassischen Sommers ist eine exzellent konzipierte Ausstellung im Grimaldi-Forum mit dem neckischen Titel „Christian Louboutin – L‘ Exhibition[niste], Chapter II“. Mit einer etwas anderen Akzentuierung war die Werkschau bereits 2020 im Pariser Palais de la Porte Dorée zu sehen. Der illustre Schuhmacher stellt hier tatsächlich seine geballte Exzentrik zur Schau und lädt ein in ein frivol-fantasievolles Universum der Farben, Formen und nicht ganz so subtilen Botschaften. Kuratorisch unterstützt wird er dabei von Olivier Gabet, dem bisherigen Direktor des Pariser Musée des Arts décoratifs, der gerade zum Leiter der Kunstgewerbesammlung des Louvre ernannt wurde.

In einer geschickten und ideenreichen Präsentation folgt die Ausstellung den Spuren seiner Sohlenkunstwerke, die er nun schon seit dreißig Jahren produziert. Zeitgenössische Kunst, Artefakte diverser geografischer und kultureller Herkunft treten in Dialog mit den flamboyanten Kreationen der Marke Louboutin. Eine Art moderne Wunderkammer voller Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen für die Lust am Sehen und Entdecken. Der Schuhmagier ließ sich dafür auch von Stücken aus seiner umfangreichen Privatkollektion inspirieren, die den Bogen spannt von archäologischen Funden über portugiesische Azulejos und Buntglasfenster bis zu zeitgenössischer afrikanischer Kunst.

Echnaton Louboutin
Zehensandalen trugen im Alten Ägypten sogar die Pharaonen. Das Modell „Echnaton“ rechts davon entwarf der Schuhexzentriker Christian Louboutin eigens für die Met Opera in New York. © Jean-Vincent Simonet

Lustige Videos lockern den Parcours auf: Christian Louboutin tritt höchstpersönlich als kleine Comicfigur in Erscheinung und veranschaulicht die Etappen der Herstellung seiner Extrem-Heels.

Nur wenig überzeugend sind dagegen zwei Auftragsarbeiten, die extra für die Schau entstanden. In ihrem Video „A reverie“ empfindet die Neuseeländische Multimedia-Künstlerin Lisa Reihana auf einer panoramaartig gekrümmten 12-Meter-Leinwand Stationen des Lebens und Reisens sowie der Sammlertätigkeit Louboutins filmisch und leider sehr kitschüberzuckert nach. Auch die Arbeit des englischen Pop-Veterans Allen Jones lässt einen wieder einmal ratlos zurück. Seiner seltsam gestrigen Frauenvorstellung haucht er digitales Leben ein, indem er eine Avatarin auf hohen Hacken durch eine Videoprojektion trippeln lässt. Ganz so, als würde diese künstlich erschaffene, vermenschlichte Lustpuppe die Ausstellung durchschreiten.

Andy Wahrhol Louboutin
Andy Warhols „Flowers“-Serie inspirierte Christian Louboutin zu jenen „Stiefmütterchen-Pumps“, die Caroline von Monaco 1995 auf dem Rosenball trug. Acht Jahre zuvor war sie vor Warhols Polaroidkamera Modell gestanden. © Jean-Vincent Simonet

Nun ja, auch Louboutin bedient Träume. Etwa jenen, vom Aschenputtel zur Prinzessin zu erblühen, dafür setzt er einen meterhohen Kristallpumps unter einem prunkvollen Prozessionsbaldachin in Szene. Tabulos konfrontiert die Schau ihr Publikum mit der Thematik des Fetischismus, ist der Schuh doch ein Objekt der Begierde par excellence. So gehen die irrsten Louboutins in einem verdunkelter Raum mit Fetischfotos von David Lynch eine Liaison dangereuse ein.

Den Abschluss bildet ein endlos langer, natürlich feuerroter Gang mit einer Videoparade internationaler Stars wie der Countrysängerin Dolly Parton, die sein sündteures Schuhwerk tragen und Louboutin auf diese Weise berühmt machten. Untermalt wird die Szenerie mit Filmmusik von Marguerite Duras. Und genau das bleibt von dieser Schau haften: Die heitere Nostalgie eines zu Ruhm und Wohlstand gelangten Schuhzauberers, der in dem winzigen Fürstentum nicht nur für eine echte Prinzessin ein Ideenfeuerwerk entzündet.

Dolly Parton Louboutin
Während eines ihrer Konzerte trug Popstar Dolly Parton eine besonders hohe Louboutin-Kreation mit goldenen Nieten. © Grimaldi Forum Monaco

Service

AUSSTELLUNG

„Christian Louboutin – L‘Exhibition[niste], Chapter II “

Grimaldi Forum Monaco

bis 28. August 2022 

grimaldiforum.com

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