200 Jahre Mauritshuis

Zum Blühen gebracht

Das Mauritshuis in Den Haag blüht zum 200. Jubiläum auf und feiert mit einer Ausstellung der schönsten Blumenstillleben

Von Dorothee von Flemming
24.03.2022
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 197

Mit einer wahren Blütenpracht empfängt das Mauritshuis seine Besucher bereits im Vorhof: Blumenkaskaden fallen entlang der Pilaster vom Giebel des Hauses, und anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Museums wurden zudem große und modern gestaltete Blumenkästen entworfen, die nun, auffällig vor der Freitreppe platziert, das ganze Jahr hindurch immer wieder frisch bepflanzt werden. Das Blütenmeer verstärkt die Vorfreude auf die exquisite Schau, die den Auftakt des Jubiläumsjahrs markiert: „In Full Bloom“.

Seit sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts Blumenstillleben aus dem Schatten der höher eingeschätzten Genres der mythologischen und Historienmalerei sowie der Landschaftskunst lösten, wurden sie schnell zu einem der populärsten Genres der Epoche. Ebenso beliebt waren die echten Blumen. Niederländische Seefahrer brachten von ihren Reisen aus den überseeischen Gebieten exotische Pflanzen mit, die das Interesse entfachten. 1594 wurde in Leiden der erste botanische Garten des Landes eröffnet, es wurde gezüchtet und die Flora wissenschaftlich untersucht. Wundervolle Alben entstanden, die Blumenmalerei fand ihren Anfang. Die intensive Beschäftigung mit der Natur war in einem Land, das großenteils unter dem Meeresspiegel liegt, eine Existenzbedingung.

In Full Bloom Ausstellung
Entgegen dem Bildtitel überaus üppig: Um 1607 komponierte der Flame Jan Brueghel d. Ä. den hinreißenden „Kleinen Blumenstrauß“. © Kunsthistorisches Museum, Wien

Die erste Blumendarstellung der Schau ist auf der Rückseite eines Gemäldes von Hans Memling aus dem Jahr 1485 zu sehen, wobei die Inschrift der Vase christlichen Charakter hat. Ambrosius Bosschaert war es, der die Tradition des Blumenstilllebens begründete. Äußerst naturgetreu gab er die einzelnen in einer Vase arrangierten Blumen in frontaler Ansicht wieder. Nicht naturnah ist allerdings, dass er Pflanzen kombinierte, die nicht gleichzeitig geblüht haben können.

Sind Bosschaerts Gemälde noch eher statische Bilder, entfalteten seine Nachfolger wunderbar üppige Fantasiekompositionen. Tulpen fehlen fast nie in den Gemälden. Käfer, Schmetterlinge, Frösche, Eidechsen, Insekten und auch Vögel, Muscheln und Münzen fungieren oft als Staffage. Nicht nur beim heimischen gehobenen Bürgertum, sondern auch an ausländischen Höfen waren die niederländischen Prachtstücke sehr gefragt und hoch bewertet, wie aus der Korrespondenz zwischen Jan Brueghel d.Ä. und dem Mailänder Kardinal Borromeo hervorgeht, der einen großen Strauß in einer Kanne mit über 100 Blumen erworben hatte. Die aufgerufenen Beträge entsprachen oft denen, die für ein Grachtenhaus zu zahlen waren.

In Full Bloom Ausstellung
Maria van Oosterwijck Gemälde „Blumen in einem Elfenbeinbecher“ (ca. 1670-1675) ist noch bis zum 6. Juni im Mauritshuis in Den Haag zu sehen. © Mauritshuis, Den Haag

Mehrere Künstlerinnen taten sich im Blumengenre besonders hervor. Allen voran Rachel Ruysch (1664–1750), die einer Gelehrtenfamilie entstammte und eine Enkelin von Pieter Post, dem Erbauer des Mauritshuis, war. In jungen Jahren ging sie beim hoch angesehenen Willem van Aelst in die Lehre, heiratete, zog zehn Kinder groß und blieb bis zu ihrem Tod mit 86 Jahren tätig. 1708 wurde sie zur Hofmalerin des kunstbeflissenen Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz ernannt, dem sie ihre Gemälde nach Düsseldorf schickte. Vor Rachel Ruysch hatte es die Pfarrerstochter Maria van Oosterwijck (1630–1693) zu höchstem Ansehen gebracht und Gemälde an Kaiser Leopold I., Cosimo de’ Medici und Ludwig XIV. verkauft. Die erste, die sich der Blumenmalerei schon kurz nach 1600 glanzvoll widmete, war Clara Peeters, von der der spanische König zwei Stillleben erworben hat. Und schließlich sieht man auch das Werk der unlängst wiederentdeckten Michaelina Wautier (circa 1604–1689) in dieser Schau auf wunderbarste Weise erblühen.

Service

Ausstellung

„In Full Bloom“,

Mauritshuis, Den Haag,

bis 6. Juni

mauritshuis.nl

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