Ausstellungen

Schatztruhe der Fürsten

Das Münzkabinett Dresden feiert stolze 500 Jahre seines Bestehens

Von Lisa Zeitz
17.07.2019

Kann das Handy-Zeitalter der Numismatik, der Beschäftigung mit Münzen und Medaillen, neue Wege ebnen? Zwar verschwinden Münzen immer mehr aus dem Alltag, doch schon die Jüngsten lernen heute die Konzentration auf höchstens handtellergroße Bilder, schnelles Entziffern von Emojis und anderen Symbolen und das Verständnis von Abkürzungen. Jeder Numismatiker weiß, dass das F nach der Signatur des Medailleurs für das lateinische Wort fecit („schuf es“) steht, während jeder Teenager die Abkürzung LOL („laugh out loud“) kennt. Gute Voraussetzungen für die Vertiefung in die Münz- und Medaillenkunst, die in Dresden seit nunmehr einem halben Jahrtausend gesammelt, gepflegt und erforscht wird.

Die Entstehung der Dresdner Münzsammlung

Mit rund 300 000 Objekten ist der Bestand geradezu atemberaubend. Er umfasst Münzen aus aller Welt vom sechsten vorchristlichen Jahrhundert bis in die Gegenwart, historische und moderne Medaillen, Orden und Abzeichen, aber auch Banknoten und Wertpapiere, sogenannte prämonetäre Zahlungsmittel und Zeugnisse der Münztechnik. Seit 2002 befindet sich das Münzkabinett wieder im Residenzschloss, wo es mit Herzog Georg dem Bärtigen, der von 1500 bis 1539 regierte, auch seinen Anfang nahm. 

Die Sammelleidenschaft seines Neffen, Kurfürst August, war besonders ausgeprägt: Er stand mit Gleichgesinnten im Briefwechsel, um Lücken in der Sammlung zu schließen. Bekam er die Originale nicht, ließ er Abgüsse anfertigen. Allein 1299 antike Münzen mit den Bildnissen der römischen Kaiser zählt ein Inventar seiner Zeit.

Errungenschaften wurden in Metall gegossen

Während Münzen als Zahlungsmittel möglichst handlich, flach und dadurch leicht zu stapeln zu sein hatten, forderten Medaillen seit der Renaissance als plastische Reliefs im Miniaturformat künstlerischen Ehrgeiz. August der Starke förderte die sächsische Medaillenkunst, indem er sich von einem französischen Propagandaprojekt inspirieren ließ: Der „Sonnenkönig“, Ludwig XIV., verewigte seine militärischen und zivilen Erfolge in einer „Histoire métallique“, einer ganzen Serie von Prägungen. August tat es ihm nach und beauftragte in den vier Jahrzehnten seiner Regierungszeit 20 Medailleure, rund 180 Stücke auf die Ereignisse seiner Zeit zu schaffen. 

„Wie ein Müntz Cabinet in gehöriger Ordnung zu rangieren sei“, beschäftigte Mitte des 18. Jahrhunderts den Hofrat Dr. Johann Gottfried Richter, der die Sammlung einer wissenschaftlichen Systematisierung unterzog. Zu seiner Zeit wurde auch das erste Inventar islamischer Münzen angelegt. Später bemühte Johann Joachim Winckelmann sich um seinen Posten, allerdings erfolglos, denn er war damals noch nicht als Begründer der Archäologie berühmt.

Grenzfälle der Numismatik

Die Präsentation der miniaturhaften Meisterwerke im Residenzschloss gibt den Blick wie durch tausend Schlüssellöcher frei. Etwa das Thema Fälschungen: Heute schätzen Sammler die sogenannten Paduaner, neuzeitliche Nachahmungen antiker Münzen, als Zeichen der Antikenbegeisterung in der Renaissance, aber wie sind die Stücke des Münzfälschers Karl Wilhelm Becker aus der Zeit um 1800 zu bewerten? Kunst oder Betrug? So regt die Numismatik immer wieder zum Nachdenken über alle Facetten der Menschheitsgeschichte an.

Service

Ausstellung

Fünf Jahrhunderte Münzkabinett Dresden

bis 19. Januar 2020

Dieser Beitrag erschien in

WELTKUNST Nr. 159/2019

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