Ausstellungen

Die Formen des Wassers in Augsburg

Die Verbindung zum Wasser hat in Augsburg eine lange Tradition. Das Maximilianmuseum zeigt die Anknüpfungen an Silberschmiedekunst, Ingenieurwesen und andere Künste der Stadt

Von Gloria Ehret
01.07.2018

Augsburg ist berühmt für seine Brunnen. Sie prägen das Stadtbild. Der Herkules- und der Merkurbrunnen, die beiden Schöpfungen des Adriaen de Vries, auf der Maximilianstraße; der prächtige Augustusbrunnen, von Hubert Gerhard 1588 bis 1594 geschaffen und dominant aufgestellt zur 1600-Jahr-Feier der römischen Kaiserstadt auf dem Rathausplatz. Majestätisch gebietet der Stadtgründer, zu seinen Füßen lagern die Wassergötter der vier Flüsse Lech, Wertach, Singold und Brunnenbach, umgeben von launigen Sirenen und Delphinen. Als unersetzliche Kunstwerke, die lange in situ waren, haben die originalen, um 1600 entstandenen Bronzefiguren ihre bleibende Heimstatt im Maximilian Museum gefunden. Im sogenannten Viermetzhof, den ein luftiges Glasdach überwölbt, bilden sie auch das Herzstück der Ausstellung.

Durchzogen von Lech und Wertach, ist Augsburg eine Veritable Wasserstadt

Wo Brunnen fließen und sprudeln, muss Wasserreichtum herrschen. Durchzogen von Lech und Wertach sowie einer Vielzahl an Kanälen, ist Augsburg eine veritable Wasserstadt mit einer über Jahrhunderte vorbildlichen Wasserwirtschaft. Kein Wunder, dass Augsburg sich damit um den Unesco-Welterbe-Status bewirbt. In der ebenso lehr- wie kunstreichen zweigeteilten Ausstellung führt das Maximilian Museum das Thema „Wasser – Kunst – Augsburg. Die Reichsstadt in ihrem Element“ anhand von rund 230 Objekten mit Leihgaben aus 30 Museen vor Augen. Der erste, stadtgeschichtliche Teil widmet sich der Wasserwirtschaft, der zweite der Kunst.

In das quirlige Treiben der Stadt um 1540 führt uns das Gemälde „Rathausplatz im Winter“ (wohl von Heinrich Vogtherr d.J.) ein: Im Hintergrund fließt der Lech vorbei, der seit alters die natürliche Grenze zu Bayern bildet. Bis 1902 fand auf dem Rathausplatz, diesem politischen und wirtschaftlichen Zentrum, auch der Fischmarkt statt. Den dort aufgestellten Röhrkasten bekrönte seit 1537 die Figur des Neptun. Sie gilt als erste lebensgroße nackte Bronzestatue nördlich der Alpen. Von Hans Daucher in Anlehnung an die italienische Renaissanceplastik modelliert und von Urban Labenwolf gegossen, ersetzte sie eine Steinfigur des Stadtpatrons Ulrich. Mit dem bewussten Bezug zur Antike verwies die Reichsstadt stolz auf ihre römische Vergangenheit.

Eine Fülle von originalen Dokumenten, Kupferstichen, Plänen und eine knapp drei Meter breite, kolorierte Federzeichnung des Lech-Flusses von 1570 veranschaulichen die allgegenwärtige Bedeutung und Nutzung des Wassers für die Stadt im 16. Jahrhundert. Bis heute ist die Anlage des Roten Tores mit den Brunnentürmen ein Anziehungspunkt nicht nur für Touristen. Die innovative Wasserwirtschaft im frühen 17. Jahrhundert – nicht zuletzt durch den großen Stadtbaumeister und Erbauers des Rathauses, Elias Holl – wird mit einer Vielzahl raffinierter, hydrotechnischer Exponate veranschaulicht. Als zentrale historische Augsburger Figur lernt man den Brunnenmeister Caspar Walter (1701–1769) kennen. Seine Publikationen, Modelle und Risse bieten umfassende Einblicke in die Funktionsweise eines technisch und organisatorisch komplexen Systems.

Einmalig ist die Augsburger Modell-Sammlung aus dem 18. Jahrhundert: ob für ein Schleusengebäude, unterschiedliche Mühlen-Modelle wie Säge-, Krätz- oder Mahlmühle. Nicht nur Technikfreaks werden sich für das Lehrmodell eines Pumpwerks mit Schwingbaum- und Kurbelwellen-Antrieb oder das Modell der Saline in Schwäbisch Hall sowie Deichselbohrmaschinen begeistern. Arbeiteten Modellbauer wie Caspar Walter im 18. Jahrhundert vorwiegend in Holz, so wurden für das Modell der Reichenbach’schen Wassermaschine oder jenes einer Dampfmaschine in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neben Holz verschiedene Metalle und weitere Materialien verwendet. Der allgegenwärtigen Gefahr des Feuers im Alltag trotzte man mit einer tragbaren Handdruckspritze oder ledernen Löscheimern.

Augsburg zählte im späten 17. und 18. Jahrhundert zu den bedeutendsten Goldschmiede-Metropolen Europas. So präsentiert der zweite Teil der Schau eine Fülle kostbaren Prunksilbers, dessen Gebrauch oder Auszier einen Bezug zum Wasser herstellt. Da kommt auch wieder die Verbindung zu den berühmten Brunnen ins Spiel. Sie schlägt sich in einem kurz vor 1700 geschaffenen kostbaren silbernen Tafelaufsatz mit Herkules und der Hydra oder in dem großen Tischbrunnen in Gestalt des Augustusbrunnens von 1867 nieder. Silbervergoldete Prunkkannen sind virtuos mit Wasserwesen wie Triton und Nereide besetzt. Bei Tisch dienten Lavabo-Garnituren, bestehend aus einem Becken und einer Kanne, zum rituellen Reinigen der Hände. Dazu verwendete man mit Rosenessenz parfümiertes Wasser. Nicht nur Adel und Patriziat – wir sind in der Stadt der Fugger und Welser – waren wichtige Auftraggeber. Die Stadtoberen und Handwerkszünfte bestellten Zunft- oder Willkomm-Pokale. Üppig verzierte Taufgarnituren oder Weihwasserbecken und -kessel stehen für die Bedeutung des geweihten Wassers im sakralen Bereich.

Unter den höfischen Prunkpokalen Augsburger Provenienz ragt ein weit über einen halben Meter hoher, silbervergoldeter Figurenpokal von Elias Lenker heraus. Das Meisterwerk stellt den heiligen Christophorus dar, der, gebeugt vom Gewicht des Himmelsglobus auf seinen Schultern, über das Wasser schreitet. Als Bekrönung thront das segnende Jesuskind auf der Kugel. Das Prachtstück wurde vor 1629 als Trinkautomat mit Laufwerk im Sockel geschaffen, der über den Tisch rollen kann. Nun kam es als Leihgabe aus dem Grünen Gewölbe in Dresden vorübergehend an seinen Entstehungsort zurück. Aus dem Badischen Landesmuseum in Karlsruhe reiste die teilvergoldete Silberstatuette eines heiligen Johannes Nepomuk auf einem Rokokosockel an, der einst zu einer Altarausstattung gehört hat. Im Gegensatz zum Christophorus, den wir nur aus der Legenda Aurea des Jacobus de Voragine um 1264 kennen, ist der hl. Johannes von Nepomuk eine historische Gestalt.Er wurde am 20. März 1393 von der Prager Karlsbrücke gestürzt und in der Moldau ertränkt. Uns Nachgeborenen ist Nepomuk als monumentale Steinskulptur und Brückenheiliger vertraut. Man könnte die Aufzählung der Kunstwerke lange fortsetzen, denn natürlich fehlen auch Gemälde mit mythologischen oder profanen Wasser-Bezügen nicht.

Den Flaneur treibt es nach dem Besuch der Museumsschau hinaus ins Freie, zu den vielen weiteren Brunnen der Stadt – ob St.-Georgs-Brunnen, Goldschmiede-Brunnen, das sogenannte nackte Brunnen-Büble oder der Manzù-Brunnen –, zu den Wassertürmen, an die Kanäle, Bäche und das große Wasserrad am Schwalllech. Er wird fortan die allgegenwärtige Wasserkunst in Augsburg mit anderen Augen wahrnehmen.

Service

AUSSTELLLUNG

Wasser Kunst Augsburg

Die Reichsstadt in ihrem Element

bis 30. September

Katalog 24,95 Euro

Maximilianmuseum, Augsburg

Zur Startseite