Ausstellungen

Nicht verpassen: 10 Ausstellungen zum Gallery Weekend

Wenn Tausende Berliner ein Wochenende lang von Ausstellung zu Ausstellung ziehen, dann ist wieder Gallery Weekend. Vom 27. bis 29. April laden die Berliner Galerien zum Rundgang ein – welche Ausstellungen Sie nicht verpassen dürfen, verraten wir hier.

Von Christiane Meixner und Tim Ackermann
25.04.2018

Es ist ein echtes Phänomen. Seit seiner Gründung vor 13 Jahren hat das Gallery Weekend nichts von seiner Anziehungskraft verloren – obwohl sich die Macher keineswegs ständig etwas Neues überlegen, sondern auf Kontinuität setzen. „An diesem Wochenende locken die Galerien die internationale Kunstwelt nach Berlin“, sagt die Weekend-Direktorin Maike Cruse. Die Ausstellungen auf höchstem Niveau verwandeln Berlin in ein die Stadt überspannendes Museum der zeitgenössischen Kunst. „Diese Qualität“, erzählt Cruse, „hat sich herumgesprochen.“ Das Gallery Weekend beginnt am 27. April, wenn am Abend die 47 offiziell beteiligten Galerien überall in Berlin ihre Ausstellungen eröffnen. Samstag und Sonntag geht es mit erweiterten Öffnungszeiten weiter (11–18 Uhr), die wahrscheinlich wieder von Tausenden Neugierigen genutzt werden. Viele Berliner Galerien schließen sich mit Ausstellungseröffnungen an, doch der exklusive Kreis der offiziell zur Teilnahme eingeladenen bleibt übersichtlich, in diesem Jahr werden nur fünf Newcomer begrüßt, darunter Dittrich & Schlechtriem und Alexander Levy. Ausgewogen ist auch die Mischung aus arrivierten Künstlern und frischen, überraschenden Positionen. Wir empfehlen zehn Stationen, die man keinesfalls verpassen sollte.

Gruselkabinett des Alltags
Bei ihr wird das Gewohnte beklemmend: Rebecca Ackroyd legt zum Beispiel Teppiche aus englischen Pubs auf Galerieböden. Und fügt einen Gullideckel ein. Warum? Und für welche Flüssigkeit – Bier, Urin, Blut? Verstörend ist auch die neue Arbeit „Glory Still“. Die Gipsfrau mit Helm sitzt mit angezogenen Knien auf dem Boden. Eigentlich eine entspannte Haltung. Doch anstelle ihrer Schienbeine klaffen große rote Löcher. Ebenso anstelle ihrer Vagina. Der Anblick trifft wie ein Faustschlag.
Peres Projects, 27. April bis 15. Juni

Technikverliebt
Wissenschaftliche Labore sind Magneten für Detailfreaks. Auch den Fotografen Thomas Struth ziehen sie an. Seinen superpräzisen Bildern bleibt aber stets ein Restgeheimnis. Der Kontrast zwischen Aufnahmen wie „GRACE-Follow-On Bottom View, IABG, Ottobrunn“ (2017, o.) und einer neuen Serie über tote Tierkörper in einem Forschungs-Institut steht geradezu symbolhaft für den Natur-Technik-Gegensatz.
Galerie Max Hetzler, 27. April bis 2. Juni

Gemalte Fragen an die Welt
Bemerkenswert, wie stilistisch treu sich dieser Maler geblieben ist, den man einst zur „Neuen Leipziger Schule“ zählte – und wie sehr seine Werke nach wie vor zur intensiven Auseinandersetzung auffordern. Vor zehn Jahren war Tim Eitel viel erzählerischer. Zum Gallery Weekend scheint sich in Bildern wie „Through (L.B.)“ die ganze Ungewissheit der Gegenwart zu kondensieren.
Eigen + Art, 12. April bis 26. Mai

Ganz schön umspannend
Die Galerie Konrad Fischer zieht um – sobald das neue Domizil, ein Umspannwerk von 1925, denkmalgerecht saniert und für die Kunst hergerichtet ist. Zum Gallery Weekend steht das Gebäude in der Neuen Grünstraße 12 vier Tage lang offen. Zu sehen gibt es eine kühne Industriearchitektur und passende Arbeiten von Künstlern der Galerie: Manfred Pernice, Carl Andre und Lawrence Weiner.
Neue Räume der Galerie Konrad Fischer, 26. bis 29. April

Jetzt geht’s vorwärts
Es kommt schon mal vor, dass ein Kunstwerk einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Bei Alexander Levy darf man die Erfahrung bald wörtlich nehmen: Der Künstler Julius von Bismarck ersetzt den gesamten Galeriefußboden durch ein Laufband, dessen ständige Bewegung Händler und Besucher zum gleichförmigen Marschieren zwingt. Die eigene Fitness-App wird’s freuen.
Alexander Levy, 27. April bis 9. Juni

Was für ein Tag
In Berlin muss man Frank Thiel nicht vorstellen, es genügt ein Wink in Richtung Checkpoint Charlie: Genau, der Fotograf jener zwei Soldaten, die seit zwanzig Jahren über die Stadt blicken. Genauso lange ist es allerdings her, dass sich Thiel statt mit Architektur mit Menschen beschäftigt: Die neue Serie „Quinceañeras“ zeigt kubanische Mädchen an ihrem 15. Geburtstag – eine Familienfeier als Initiation.
Blain Southern, 27. April bis 16. Juni

Die Sprache der Algen
Andreas Greiner lehrt einen das Fürchten. Die monumentale Aufnahme „Study 01“ handelt von den realen Möglichkeiten und Gefahren des DNA-Designs. Greiners erste Soloschau in der Galerie Dittrich & Schlechtriem prescht weit vor und konfrontiert Lebewesen aus dem Labor mit intelligenten Superalgen im Ozean, die einmal die Menschheit waren. Seine Kunst transformiert Erkenntnisse – seine eigenen und die der Wissenschaft – in ebenso ungeheure wie ästhetische Bilder.
Dittrich & Schlechtriem, 27. April bis 23. Juni

Freier Fall
Pat Steir steigt auf die Leiter, um ihre Farben von oben über das Bild zu spülen. In Kaskaden ergießen sie sich über die Leinwand und sind zum Signet der fast 80-jährigen Künstlerin geworden. 1992 war Steir mit ihren „Waterfallpaintings“ auf der Documenta in Kassel vertreten. In ihrer Heimatstadt New York, wo sie seit den Sechzigerjahren alle wichtigen Konzeptkünstler kennt, verehrt man die Malerin. Die Galerie Thomas Schulte hat ihre Bilder schon mehrfach gezeigt und richtet Pat Steir eine große Ausstellung mit Bildern wie „The Heavens“ (2015) aus. Farbe verschüttet wurde auch hier, doch man erkennt die anderen zentralen Themen im Werk – die Linie und die Unendlichkeit.
Galerie Thomas Schulte, 27. April bis 16. Juni

Dancing King
Tanz den Mario Merz: Wer hätte gedacht, dass der 2003 verstorbene Italiener noch mal so lebendig wird. Ein Foto des Arte-Povera-Hauptvertreters beim Abrocken in der Kneipe hat der mexikanische Künstler Mario García Torres nun in ein Animationsvideo verwandelt. Die musikalische Untermalung basiert auf der Fibonacci-Zahlenfolge, die Merz auf der Außenhaut seiner Iglus einsetzte: one, two, three, five!
Neugerriemschneider, 27. April bis 26. Mai

Mit offenen Augen
Erinnerung manifestiert sich in den Bildern („W. Portrait“, 2016), die Andro Wekua in seiner jüngsten Gallery-Weekend-Ausstellung zeigt. Der georgische Künstler legt ihnen Fotografien zugrunde, die er so oft bearbeitet, bis sie dem Original eine eigene poetische Interpretation entgegenhalten. Ein Konstrukt wie aus einem Wachtraum, rätselhaft und manchmal unheimlich. Diese Welt ist Wekua, Jahrgang 1977 und Darling der internationalen Kunstszene, näher als jede Wirklichkeit.
Sprüth Magers, 27. April bis 8. September

Service

Gallery Weekend

Gallery Weekend 2018
Freitag 18-21 Uhr
Samstag & Sonntag 11-19 Uhr

Dieser Beitrag erschien in

Weltkunst Nr. 142 / 2018

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