Banksy bei Sotheby's

Vom Punk zum Prestigeobjekt

Banksys „Crude Oil (Vettriano)“ aus der Sammlung des amerikanischen Musikers Mark Hoppus wird bei Sotheby’s versteigert. Es soll mindestens 3 Millionen Pfund einbringen

Von Katharina Proessl
18.02.2025

Mark Hoppus, Bassist von blink-182 und gealterter Pop-Punk-Rebell, trennt sich von einem Banksy-Gemälde – ein Moment voller Wehmut und natürlich auch ein bisschen Kapitalismus. Das Werk „Crude Oil (Vettriano)“, ein Stück subversive Straßenkunst für die Wohnzimmer der oberen Zehntausend, wird am 4. März 2025 bei Sotheby’s versteigert. Erwarteter Erlös: 3 bis 5 Millionen Pfund.

Das Bild gehört zu Banksys „Crude Oil“-Serie, in der er klassische Kunstwerke in seine ganz eigene Goldrahmenversion der Gesellschaftskritik verwandelt. Hier hat er sich Jack Vettrianos „The Singing Butler“ vorgenommen, jenes weltberühmte Motiv, das so oft in Hotel-Lobbys hängt, dass es fast zur Tapete geworden ist. Banksy ersetzte die nostalgische Tanzszene durch eine apokalyptische Vision: Ein sinkender Öltanker, zwei Männer in Schutzanzügen – anklagend, plakativ, unübersehbar: Rebellion als Dekoration, Kapitalismuskritik als Investment. Doch während Banksys Intention einst war, den Kunstmarkt zu unterwandern, ist es längst zur Regel geworden, dass solche Werke genau dort enden, wo er sie eigentlich verachtet: bei Sotheby’s, auf dem Silbertablett für Sammler, die ihre Millionen mit gutem Gewissen investieren wollen.

Hoppus selbst gibt dem Verkauf eine gehörige Portion Sentimentalität mit auf den Weg. „Dieses Gemälde hat uns über Jahre begleitet – in London, in Los Angeles, beim Frühstück, bei Hausaufgaben, bei Feiern und Tränen.“ Man kann sich die Szene lebhaft vorstellen: Eine lichtdurchflutete Villa in Los Angeles, der Blick schweift über Infinity-Pool und perfekt gestutzte Hecken, während die Familie Hoppus andächtig vor ihrem Banksy steht. Morgens ein flüchtiger Blick beim frisch gepressten Orangensaft, abends ein Moment der stillen Rebellion zwischen Designermöbeln und maßgefertigten Gitarrenständern. Ein Kunstwerk, das seine Besitzer an die raue, ungeschliffene Welt da draußen erinnert, die sie längst hinter sich gelassen haben.

Ein Teil des Auktionserlöses geht an wohltätige Zwecke, darunter die California Fire Foundation und das Children’s Hospital Los Angeles. Eine noble Geste, die den Verkauf in ein moralisch angenehmes Licht rückt. Dass das Bild aber vor allem als Statussymbol weitergereicht wird, bleibt unausgesprochen.

Im Vergleich zu Banksys bisherigen Höchstpreisen fällt die erwartete Summe fast bescheiden aus. „Love is in the Bin“, das berühmte, sich selbst schreddernde Bild, erzielte 2021 sagenhafte 18,5 Millionen Pfund. „Crude Oil (Vettriano)“ ist kaum radikal, aber dennoch ein perfektes Beispiel dafür, wie die Grenzen zwischen Kritik und Kitsch längst verschwimmen.

Wer das Werk vor der Auktion noch einmal sehen möchte, hat vom 26. Februar bis zum 4. März in London Gelegenheit dazu – bevor es für immer in einem anonymen Hochsicherheitstresor verschwindet, bereit, irgendwann als noch teurere Rebellion wieder auf den Markt zu kommen.

Zur Startseite