Die Werke des Südtiroler Malers Leo Putz sind erfreulich wertbeständig. Im Fokus der Sammlerinnen und Sammler stehen seine psychologisch feinsinnigen Porträts junger Frauen
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22.07.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 11/22
Nach wie vor hält Neumeister, München, den absoluten Preisrekord für ein Werk des Künstlers, der dort 2006 mit 460.000 Euro für das Porträt einer gelangweilt dreinblickenden Beauty „Im herbstlichen Garten“ gelang. Reine Landschaftsmotive sind hingegen nicht annähernd so hoch bewertet, und so hatten die Münchner im Oktober 2015 eine 1909 entstandene Ansicht vom „Langbürgner See“ nur mit verhaltenen 20.000 Euro angesetzt; der Hammer fiel trotzdem erst bei 41.000 Euro. Das ist eines der besten Ergebnisse in diesem Segment. Offenbar keinerlei Hoffnungen hegte man Ende 2016 bei Keup in Regensburg für eine seltene „Winterlandschaft“ von 1913; die Bieter nahmen die Schätzung auf 1000 Euro aber ohnehin nicht ernst und ließen die Hände erst wieder bei 30.000 sinken.
Sobald allerdings leicht geschürzte Damen die Landschaft beleben, kann man über ganz andere Preise sprechen. Im November des Folgejahres wurde bei Grisebach, Berlin, die dritte Fassung einer Sommerstimmung von 1914 mit zwei weiblichen Akten angeboten. Der Titel „Nach dem Bad III“ stieg denn auch mühelos von 80.000 auf 125.000 Euro. In der gleichen Auktion verbesserte sich eine wohl um 1905 gemalte und damit noch ganz der Belle Époque angehörende Dame „Unter Kastanien“ von 50.000 auf 70.000 Euro. Zwölf Monate später sicherten sich die Berliner mit einem offenkundig von Liebermann inspirierten Motiv den Bestwert des Jahrzehnts: Während der Blick auf ein belebtes Gartencafé am Seeufer bildbestimmend ist, bleibt die titelgebende „Regatta“ im Hintergrund für die Komposition von untergeordneter Bedeutung. Trotzdem mag sich die Referenz an den einstmals mondänen Wassersport preissteigernd ausgewirkt haben: Das Bild wurde von 90.000 auf 155.000 Euro gehoben. Mit 150.000 Euro den angenommenen Wert sogar mehr als verdoppeln konnte im Dezember 2020 bei Ketterer, München, das Stimmungsbild „Ein Sommertag“ von 1925, eine abschließende Version einer kleinen Folge von Gemälden, in denen Putz sein junges Modell Toni gemeinsam mit seinem Sohn Helmut zeigt.
Wenigstens einen Schritt über die Schwelle von 100.000 Euro schaffte es im vergangenen Dezember bei Bozner Kunstauktionen ein Aktporträt der „Tänzerin Maria Aranaz rauchend am Tisch“, mit dem sich Putz 1922 einen Ausflug ins immer noch populäre Exotinnen-Genre gestattete; statt der angedachten 34.000 Euro konnte die laszive Dame schließlich erst für 110.000 Euro abgegeben werden. Auch heuer gab es bereits zwei solide Ergebnisse, die deutlich über den Taxwerten landeten. Im April stieg bei Sotheby’s online ein „Halbakt in blauem Kleid“ trotz verhalten geschätzter 30.000 auf 85.000 Euro, und kurz darauf im Mai kletterte bei Van Ham, Köln, das Interieur „Am Fenster“ (Lisl im Atelier des Künstlers) von 40.000 auf 95.000 Euro.
Das Interesse für das zeichnerische Werk des Künstlers hält sich dagegen bisher in Grenzen. In den letzten zehn Jahren wurden lediglich vier Arbeiten mit mehr als 5000 Euro bewertet. So konnte vor einem Jahr bei Van Ham, Köln, ein Portfolio mit 14 erotischen Pastellen nur für bescheidene 9000 Euro vermittelt werden.
Mit rund 170 Losen nahm die Offerte an Gemälden gegenüber der vorigen Dekade nur geringfügig zu; Rückgänge blieben mit einem Drittel konstant. Mit über 80 Prozent konzentrierte sich die Offerte auf den deutschsprachigen Raum, wobei deutsche Anbieter mit 60 Prozent unverändert den größten Teil der Ware betreuten. Qualitätsabhängige Preisspitzen über einer Viertelmillion Euro wurden seit den Nullerjahren zwar nicht mehr erreicht, doch kam es seit 2012 wie in den vorigen Jahrzehnten erneut zu acht Zuschlägen im sechsstelligen Bereich. Das Käuferinteresse richtete sich auf Motive mit jungen Frauen. Reine Landschaften wurden im Schnitt deutlich niedriger bewertet.