Auktion Neumeister

Ein Schloss in sechzig Kisten

Neumeister versteigert den „Schatz der Württemberger“ aus dem oberschlesischen Carlsruhe – und ruft vor allem beim Porzellan zu verlockend niedrigen Taxen auf

Von Thomas Kemper
28.03.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 5/22

Im Bereich der Porzellanofferte gibt es zahlreiche Einzeltassen aus unterschiedlichen Manufakturen – die Berliner KPM ist hier zahlenmäßig am stärksten vertreten. Wohl um 1820 / 30 gefertigt wurden zwei walzenförmige Tassen mit Untertassen aus der Manufaktur Waldenburg (Taxe 400 Euro). Sie sind wegen ihrer beiden Ansichten Carlsruhes von besonderem historischem Interesse: Eine Ansicht zeigt das große Schloss, die andere den sogenannten Apollotempel, der auf einem vom Wilhelminenteich umgebenen Hügel stand. Eine Tasse der Berliner KPM von 1830 ist auf der Schauseite „mit bunter Schlossansicht“ bemalt, wie der Katalog erklärt – eine zurückhaltende Beschreibung, denn die imposante Immobilie in exponierter Lage ist zweifelsfrei Schloss Altenburg, das bis 1918 den Herzögen von Sachsen-Altenburg (vorm. Hildburghausen) als Residenz diente und heute ein Museum ist (Taxe 250 Euro).

Auktion Neumeister Schatz der Württemberger
Die Tasse der Berliner KPM von 1830 (Modell „mit Löwenfüßen“) zeigt Schloss Altenburg, das bis 1918 den Herzögen von Sachsen-Altenburg als Residenz diente. © Neumeister, München / Christian Mitko

Das nahende Osterfest wirft seine Schatten voraus und lässt die Herzen alle Sammler von Berliner Porzellaneiern höher schlagen. Neumeister versteigert in einem Sammellos eine „Schale mit 27 Ostereiern“. Eine im Katalog nicht genannte Anzahl dieser Objekte – eines davon mit einem wilhelminischen Kriegsschiff in einer Rocaillekartusche bemalt – wurde von der KPM gefertigt. Das Los ist zurückhaltend auf 100 Euro geschätzt.

Seit Jahrzehnten wurden auf dem internationalen Kunstmarkt keine höfischen Goldschmiedeobjekte des 18. Jahrhunderts aus Breslau mehr angeboten. Die nunmehr aus der herzoglichen Silberkammer zur Versteigerung kommenden Teile eines silbernen Tafelservices sind ausnahmslos in den Jahren zwischen 1737 und 1804 entstanden. Die beiden offerierten Paare klassizistischer Deckelterrinen auf einem Présentoir wurden zwischen 1792 und 1804 gefertigt. Deutlich zeigt sich hier das Bestreben, im Sinne der neuen Formensprache Klarheit, strenge Harmonie und kühle Ausgewogenheit umzusetzen. Das etwas ältere, auf 1792 / 93 zu datierende Paar – ein Werk von Tobias Meyer und Gottlieb Benjamin Vogtmann (Untersatz) – soll 18.000 Euro bringen. Das zwischen 1796 und 1804 gefertigte Terrinenpaar auf gefußtem Untersatz von Johann Christian Jancke d. J. ist auf 20.000 Euro taxiert.

Neumeister Auktion Schatz der Württemberger
Neumeister versteigert in einem Sammellos eine „Schale mit 27 Ostereiern“. Eine im Katalog nicht genannte Anzahl dieser Objekte – eines davon mit einem wilhelminischen Kriegsschiff in einer Rocaillekartusche bemalt – wurde von der KPM gefertigt. Das Los ist zurückhaltend auf 100 Euro geschätzt.© Neumeister, München / Christian Mitko

Auf den schlichten ovalen und runden Platten sowie den Schüsseln eines silbernen Tafelservices finden sich das württembergische Wappen und die Initialen von Carl Christian Erdmann Herzog zu Württemberg-Oels. Die Objekte sind auf acht Sammellose zu zwei bis sechs Stücken verteilt (Taxen 4000 bis 8000 Euro). Die Teller dieses Services – ebenfalls mit dem Wappen und den genannten Initialen ausgestattet – kommen in acht Losen mit zehn bis 15 Objekten zum Aufruf (Taxen 8000 bis 12.000 Euro).

Für Sammler höfischer Porträts ist die Offerte mit über siebzig Losen von der Mitte des 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert opulent. Der in Kassel tätige Hofmaler Johann Heinrich Tischbein d. Ä. ist mit einem großformatigen Kniestück der Herzogin Karoline von Pfalz-Zweibrücken, Prinzessin von Nassau-Saarbrücken, vertreten. Das Gemälde sitzt im originalen Rokokorahmen mit bekrönendem Fürstenhut (Taxe 20.000 Euro). Es ist eine Wiederholung des Porträts von 1757 im Besitz der Hessischen Hausstiftung. Zwei weitere, größere Repliken befinden sich im Residenzmuseum München und in Schloss Wilhelmsthal.

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