Auktionen

Konstruktivistische Wohnkultur: die Sammlung Hoekstra

Bei Christie’s in Amsterdam wird am 30. April und 1. Mai die wegweisende Sammlung konstruktivistischer und abstrakt-geometrischer Kunst von Jan und Tineke Hoekstra versteigert

Von Simone Sondermann
17.04.2019

Sein erstes Kunstwerk kaufte der junge Arzt Jan Hoekstra im Jahr 1968: „Van Cirkel naar Vierkant“, („Vom Kreis zum Quadrat“) des niederländischen Bildhauers und Reliefkünstlers Ad Dekkers. Die frisch erworbene Arbeit wurde schon bald im Stedejlik Museum in Amsterdam und auf der Biennale in Sao Paolo präsentiert und wurde zum Grundstein für eine außergewöhnliche Sammlung vor allem niederländischer, aber auch internationaler konstruktivistischer und abstrakt-geometrischer Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre. Befördert wurde Hoekstras Leidenschaft für diese Kunstrichtung durch die Bekanntschaft mit der Galeristin Riekje Swart, die ihm Künstler wie François Morellet oder Peter Struycken nahebrachte. Gemeinsam mit seiner Frau Tine lebte Hoekstra seit 1970 mit vielen seiner Erwerbungen in einem großzügigen Haus in Groningen, zwischen Stahlskulpturen von Joost Baljeu, computergenerierten Acrylgemälden von Peter Struycken und Sperrholzobjekten von Siebe Hansma.

Ad Dekkers’ „Van Cirkel naar Vierkant“ von 1966 kommt bei Christie's in Amsterdam zur Taxe von 25.000 bis 35.000 Euro zum Aufruf (Credit: Christie’s Images Limited 2019)
Ad Dekkers’ „Van Cirkel naar Vierkant“ von 1966 kommt bei Christie's in Amsterdam zur Taxe von 25.000 bis 35.000 Euro zum Aufruf (Credit: Christie’s Images Limited 2019)

Der niederländische Konstruktivismus der Nachkriegszeit stand in der Tradition von Bauhaus und De Stijl. Seine geistigen Grundlagen bezog er aus Theo van Doesburgs Manifest für eine Konkrete Kunst von 1930, in dem dieser programmatisch schrieb: „Wir arbeiten mit den Größen der Mathematik und der Wissenschaft, das heißt: mit den Mitteln des Denkens.“ In ihrer anti-expressionistischen Haltung standen die niederländischen Künstler der Düsseldorfer Zero-Gruppe nahe, aber auch der britischen Systems Group um Jeffrey Steele und Malcolm Hughes, die Tineke und Jan Hoekstra ebenfalls sammelten.

Das Toplos der Auktion bei Christie's ist das Raster-Ölgemälde „2 trames 0°, 90° (intervalles 14 cm et 17 cm)“ von François Morellet aus dem Jahr 1972, Taxe 80.000–120.000 Euro (Credit: Christie’s Images Limited 2019)
Das Toplos der Auktion bei Christie's ist das Raster-Ölgemälde „2 trames 0°, 90° (intervalles 14 cm et 17 cm)“ von François Morellet aus dem Jahr 1972, Taxe 80.000–120.000 Euro (Credit: Christie’s Images Limited 2019)

Jan Hoekstra verunglückte 1992 bei einem Autounfall in Äthiopien, seine Frau Tineke verstarb im Jahr 2017. Bei Christie’s in Amsterdam kommen nun 44 Werke aus ihrer wegweisenden Kollektion zum Aufruf. Das teuerste Los ist ein Gemälde mit schwarz-weißem Quadratraster von François Morellet aus dem Jahr 1972 (Taxe 80.000–120.000 Euro). Auch Hoekstras erste Erwerbung, Ad Dekkers’ Relief „Van Cirkel naar Vierkant“ von 1966, wird nun versteigert, es ist auf 25.000 bis 35.000 Euro geschätzt. Ein weiteres Highligt der Auktion ist ein grüngelb irisierendes Ölgemälde von Edgar Fernhout (1912–1974), der in der Vorkriegsepoche vor allem mit realistischen Porträts reüssierte, aber sich seit den Fünfzigerjahren immer mehr der Abstraktion zuwandte. Das späte Gemälde „Herbst“ von 1972 ist auf 70.000 bis 90.000 Euro taxiert. Neben den Kunstwerken kommen außerdem einige Designklassiker von Gerrit Rietveld aus der Hoekstra-Samlung zum Aufruf, darunter ein 1976 ausgeführter „rotblauer Stuhl“ zum Schätzpreis von 6000-8000 Euro.

„Structuur II“ (1969) des Niederländers Peter Struycken, Pionier der computerbasierten Kunst, ist auf 12.000 bis 16.000 Euro taxiert (Credit: Christie’s Images Limited 2019)
„Structuur II“ (1969) des Niederländers Peter Struycken, Pionier der computerbasierten Kunst, ist auf 12.000 bis 16.000 Euro taxiert (Credit: Christie’s Images Limited 2019)

Service

Christie’s, Amsterdam

Post-War & Contemporary Art

Auktion: 30. April & 1. Mai

Vorbesichtigung: 25. bis 29. April

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