Auktionen

Amerikanische Aristokratie

Mindestens 500 Millionen Dollar erwartet Christie’s für die große Sammlung von Peggy und David Rockefeller 

Von Lisa Zeitz
21.03.2018

Die Kunstkäufe, die er mit seiner Frau im Lauf seines mehr als hundertjährigen Lebens tätigte, waren nach David Rockefellers fester Überzeugung eine bessere Investition als seine Wertpapiere. Und das will etwas heißen, schließlich war der Mann Bankier, sogar CEO von Chase Manhattan. Den Grundstock für das sagenhafte Vermögen hatte sein Großvater John D. Rockefeller im 19. Jahrhundert mit einer Erdölraffinerie gelegt. Da die Kinder, Enkel und Urenkel bis heute nicht von Geldsorgen geplagt sind, hat David Rockefeller noch zu Lebzeiten mit Christie’s vereinbart, dass ein bedeutender Teil der Sammlung nach seinem Tod für wohltätige Zwecke versteigert wird. Davon profitiert jetzt etwa das Museum of Modern Art in New York, das Davids Mutter Abby Aldrich einst mitbegründet hatte, die Harvard University, aber auch eine Umweltschutzorganisation, die sich für die Küste des von den Rockefellers so geliebten Bundeststaates Maine engagiert.

Sieben Auktionen im Mai

Christie’s verteilt die 1600 Positionen auf sieben Spezialauktionen im Mai, natürlich im New Yorker Rockefeller Center, gefolgt von einer Reihe Online-Auktionen. ­Möbel, Silber, Porzellan, amerikanische Folk-Art, Asiatika, griechische Antike, afrikanische und präkolumbische Objekte, Juwelen und historische Kutschen aus den ­Anwesen in Maine, der Residenz am Hudson River oder dem Stadthaus in Manhattan ­lassen erahnen, welchen Lebensstil die Familie pflegte. Die allerhöchsten Erwartungen liegen auf den berühmten Namen des Impressionismus und der Moderne.

Aus der Sammlung von Gertrude Stein

1968 erwarben die Rockefellers Picassos lebensgroßes Bild »Fillette à la corbeille fleurie« aus dem Jahr 1905. Ob das rätselhafte nackte Mädchen wirklich die erwarteten Preisregionen von 90 bis 120 Millionen Dollar erklimmen wird? Auf jeden Fall hilft die attraktive Provenienz aus der Sammlung von Picassos früher Förderin Gertrude Stein. Ihr gehörte einst auch die kleine Darstellung eines grünen Apfels von 1914, die Picasso offensichtlich in Konkurrenz zu Cézanne aufs ­Papier brachte (Taxe 1 Mio. bis 1,5 Mio. Dollar) und die stark abstrahierte Zeichnung eines Frauenkopfs von 1907, die zum Dunstkreis seiner »Desmoiselles d’Avignon« zählt (Taxe 2  bis 3 Millionen Dollar).

Matisse und Monet

Zu den teuersten Werken zählt des Weiteren eine neben Magnolienblüten schlafende »Odaliske« von Matisse, entstanden 1923 in Nizza. Sie soll zwischen 70 und 90 Millionen Dollar einspielen. In Monets »Seerosen« sehen moderne Augen schon die Kunst der Abstraktion vorweggenommen, so ging es auch David Rockefeller. Christie’s beziffert sein 160 x 180 cm großes Bild aus der Zeit um 1917 auf Anfrage mit 50 bis 70 Millionen Dollar. Apropos Seerosen: Wenn man weiß, wie gerne die Rockefellers segelten, fallen die vielen Werke mit Bezug zum Wasser auf. 

Und immer wieder das Meer

Segelboote tauchen auf zwei zauberhaften pointillistischen Leinwänden von Georges Seurat auf, Gauguin malte 1888 eine wellenumtoste Felsgruppe »La vague« (Taxe 7 bis 10 Millionen Dollar), und es gibt Venedig-Ansichten von Camille Corot und dem amerikanischen Impressionisten John Singer Sargent. Ahoi, Rockefellers!

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