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Wunderbare Perfektion

Bassenge versteigert ein botanisches Prachtwerk

Von Stefan Weixler
10.04.2017

„Diese Art schädlicher Schwämme hat von den Fliegen den Nahmen, welche sich gerne, wiewohl zu ihrem Verderb darauf setzen, weil sie davon sterben“, ist unter dem Stichwort „Fungus Muscarius“ mit Verweis auf „die 522. Kupffer-Platte“ (Abb.) in Johann Wilhelm Weinmanns (1683 – 1741) vierbändigem Prachtwerk Phytanthoza-lconographia zu lesen. Aber das ist so natürlich Quatsch. Was allerdings stimmt: Fliegenpilze, in gesüßter Milch eingelegt, werden seit jeher als Insektizid genutzt – das Mücken, Fliegen, Käfer anlockt und betäubt. Denn die Giftstoffe der Myzeten lösen narkoseähnliche Lähmungen, aber auch Halluzinationen aus. Dementsprechend nutzen sie Schamanen in aller Welt, um divinatorische Trancen herbeizuführen. Selbst in der Medizin werden die Toxine in geringer Dosierung eingesetzt – etwa bei Schokoladensucht.

Doch was Weinmanns zwischen 1735 und 1745 publizierte Vorstellung so wohl Einheimisch- als Ausländischer Pflanzen, Bäume, Stauden, Kräuter, Blumen, Früchte und Schwämme so bedeutend macht, ist auch nicht der auf älteren Informationen fußende Text-, sondern der Abbildungsteil. In neuester Technik – nachkolorierter Farb-Aquatinta – ließ der Apotheker (größtenteils nach Vorlagen aus seinem rund 9000 Pflanzen umfassenden Garten) 1026 Tafeln von ungeahnter Perfektion erstellen – selbst die Blumenmaler der Porzellanmanufaktur Meissen arbeiteten danach. Bassenge in Berlin offeriert am 11. April bei 70.000 Euro ein marktfrisches Exemplar, das im 18. Jahrhundert direkt für eine fürstliche Bibliothek erworben wurde.

Service

Abbildung:

Johann Wilhelm Weinmann (1683-1741), „Fungus-Muscarius, 522. Kuppfer-Platte“ aus Phytanthoza-Iconografia (Abb.: Bassenge, Berlin)

Auktion:

Bassenge, Berlin
11. – 13. April

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Den vollständigen Beitrag finden Sie in

KUNST UND AUKTIONEN Nr. 6/2017

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