Lempertz versteigert am 3. Mai in Berlin KPM-Porzellane, darunter die „Chinesin mit Papagei“ aus einem verschmähten Hochzeitszug für das Preußische Prinzenpaar
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24.04.2017
„Mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark wird bestraft, wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, vertheilt, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt oder zu demselben Zwecke vorräthig hält.“ So lautete der am 6. Februar 1900 verabschiedete § 184 des Reichsstrafgesetzbuchs – der auf eine Initiative Wilhelms II. zurückging.
Und so ist es auch kein Wunder, dass Adolph Ambergs (1874 – 1913) Modell für einen Tafelaufsatz zur Verlobung des Kronprinzen Wilhelm mit Herzogin Cecilie von Mecklenburg-Schwerin 1904 vom Kaiserhaus dankend abgelehnt wurde. Denn der auf 20 Figuren ausgelegte „Hochzeitszug“ – eine Huldigung des Paars durch Repräsentanten verschiedenster Kulturen – zeigte nicht nur die Braut als „Europa auf dem Stier (Zeus)“ halbnackt. Auch die „Afrikanerin mit Meerkatze“, die „Inderin mit Pfau“ und die „Perserin mit Tamburin“ hatten jeweils nur ein hübsches kleines Nichts beinahe an.
1908 erwarb dann die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) unter der künstlerischen Direktion von Theo Schmuz-Baudiss den Entwurf, der über die Jahre sogar mehrfach aufgelegt wurde. Lempertz Berlin versteigert am 3. Mai in einzelnen, zwischen 500 und 5000 Euro taxierten Losen einen nahezu kompletten Figurensatz der ersten Serie von 1910 – darunter die schönlinige „Chinesin mit Papagei“, deren plastische Reize unter dem fließenden Hanfu verboten durchschimmern.
Chinesin mit Papagei, KPM, Entwurf Adolf Amberg, 1904 (Foto: Lempertz, Berlin)
KUNST UND AUKTIONEN Nr. 7/2017