Auktionen

Für die Zukunft des Museums

Manchmal führt Mäzenatentum in den Auktionssaal: Am 28. Februar versteigert Christie’s große Namen wie Monet, Renoir und Morisot aus der Sammlung von Barbara Lambrecht-Schadeberg. Der Erlös – die unteren Taxen der Lose summieren sich umgerechnet auf knapp 10 Millionen Euro – wird dem Museum für Gegenwartskunst in Siegen zugute kommen.

Von Lisa Zeitz
24.02.2017

Am Telefon klingt die Sammlerin, die im März ihrem 82. Geburtstag feiert, sehr jugendlich. Im Hintergrund klappert leise eine Tastatur, denn sie teilt sich ihr Arbeitszimmer mit einer Mitarbeiterin. Die Mitgesellschafterin der Krombacher Brauerei kommt aus dem Siegerland, lebt, nach langen Jahren in der Schweiz, in Bonn und engagiert sich für viele kulturelle und soziale Belange. Besonders das im Jahr 2001 eröffnete Museum für Gegenwartskunst in Siegen liegt ihr am Herzen. Als Person meidet sie eigentlich das Rampenlicht, aber ab und zu fällt es eben doch auf sie. Zum Beispiel erhielt die Philanthropin 2014 den renommierten James-Simon-Preis und 2016 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Auch jetzt, mit der Auktion von Teilen ihrer Sammlung bei Christie’s in London, blickt die Öffentlichkeit wieder auf sie. Für die Weltkunst macht Barbara Lambrecht-Schadeberg eine Ausnahme und willigt in das Gespräch ein.

Eines der frühesten Kunsterlebnisse hatte sie als Teenager Anfang der Fünfzigerjahre in einer Ausstellung in Wiesbaden, wo sowohl die Nofretete als auch italienische Goldgrundmalerei und Frans Hals gezeigt wurden. Sie begeisterte sich für ganz verschiedene Werke. „Daran merke ich“, sagt sie, „dass ich ein Allesfresser bin.“ Um 1960, als sie in München studierte, fingen sie und ihr Mann auch mit dem Sammeln an. Das begann mit persönlichen Kontakten zu Künstlern wie HAP Grieshaber, Willi Baumeister und Fritz Winter, die sie abends regelmäßig in einer Wirtschaft beim Bier sahen.
„Die ersten Franzosen“ – sie spielt auf ihre bedeutenden Werke der Impressionisten und der Fauves an – „kaufte ich dann auf der Kunst- und Antiquitätenmesse in München. Die Mutter aller Kunstmessen!“, schwärmt sie und ergänzt: „Zusammen mit Köln.“ Bei der Frage, ob ihr der Abschied schwerfällt, zögert sie. Ja, Monets „Seine-Ufer“ und überhaupt die Werke, die mit Wasser zu tun haben, werden ihr fehlen. „Sie sind nicht nur schön, sondern wahr.“ Doch irgendwann sei es eben Zeit zu überlegen, was aus all dem werde, das man um sich versammelt habe.

So lässt sie jetzt rund vierzig Arbeiten versteigern: In der Abendauktion bei Christie’s am 28. Februar in London kommen „Zwei Engel“ von Kees van Dongen, taxiert auf 400.000  Pfund, ebenso unter den Hammer wie das entzückende Bild einer Frau mit Kind und Blick über Paris, das Berthe Morisot um 1872 gemalt hat und das jetzt mindestens 1,5 Millionen Pfund einspielen soll. Die Impressionistinnen haben Barbara Lambrecht-Schadeberg besonders beeindruckt: „Es sind hervorragende Malerinnen, die in ihrer Zeit eine große Rolle gespielt haben.“ Eva Gonzalès ist mit einem aquarellierten Porträt ihrer Schwester Jeanne vertreten, das eine Schätzung von 60.000 Pfund trägt. Am Tag darauf kommen im Day Sale unter anderem ein Klee-Aquarell, eine Gouache von Georges Rouault und kleine Bronzen von Henry Moore und Fernando Botero unter den Hammer. Der Erlös – die unteren Taxen der Lose summieren sich umgerechnet auf knapp 10 Millionen Euro – wird dem Museum für Gegenwartskunst in Siegen zugute kommen.

Die Verkäufe bedeuten nicht, dass Barbara Lambrecht-Schadeberg mit dem Sammeln aufhört. Sie sammelt nur keine Impressionisten mehr, sondern erwirbt seit zwanzig Jahren für das Museum Werke einer ganz klar definierten Gruppe von Künstlern: Rubenspreisträger. Alle fünf Jahre, seit 1957, verleiht die Stadt Siegen den nach ihrem berühmtesten Sohn benannten Preis an einen herausragenden Zeitgenossen. Auf Hans Hartung folgten Giorgio Morandi und Francis Bacon, später wurde die Ehre Cy Twombly und Rupprecht Geiger zuteil, der gerade in Siegen in einer Sonderausstellung zu sehen ist. Einige der Künstler hat Barbara Lambrecht-Schadeberg persönlich kennengelernt – sie erinnert sich fröhlich an den Apfelkuchen, den Maria Lassnig bei ihrem Besuch in Österreich gebacken hat. Eine herzliche Verbindung hatte sie auch zu Sigmar Polke, und „Bridget Riley und ich haben immer viel Spaß“, was man sich angesichts des Fotos der beiden gut vorstellen kann.

Die Rubenspreis-Sammlung, aus der nichts verkauft wird, befindet sich als Dauerleihgabe und „Promised Gift“ im Museum. Kurator Christian Spies betont, dass die Stadt mit eigenen Mitteln nie die Möglichkeit hätte, auch Werke der Preisträger zu kaufen. Aber durch den Einsatz von Barbara Lambrecht-Schadeberg hat das Museum in Siegen Schätze versammelt, nach der sich jede Metropole die Finger lecken würde, zum Beispiel eindrucksvolle Malerei von Lucian Freud. Sechs Gemälde von Francis Bacon, so etwas hat kein anderes deutsches Museum zu bieten, oder zwanzig Werke (Stillleben und Landschaften) von Morandi. Angestrebt ist jeweils ein Überblick über das gesamte Schaffen der Künstler.
Im Jahr 2017 hat der Schweizer Konzeptkünstler Niele Toroni den Rubenspreis gewonnen, und auch ihn will die Mäzenin natürlich so bald wie möglich kennenlernen und Werke für das Museum erwerben. Sie ist gespannt: „Bei kreativen Menschen muss man immer offen sein.“ 

ABBILDUNG GANZ OBEN

Claude Monet, „Seine-Ufer bei Petit-Gennevilliers“, 1874, signiert, Öl auf Leinwand, 54,2 x 73 cm (Foto: Christie’s Images Ltd. 2017)

AUKTION

Abendauktion Impressionismus und Moderne, Christie’s London (King Street) am 28. Februar, Day Sale am 1. März

DIESER BEITRAG ERSCHIEN IN

WELTKUNST Nr. 126/2017

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