Auktionen

Bücher und Autografen

Die Berliner Versteigerer Nosbüsch & Stucke warten in den Auktionen vom 4. und 5. November mit bedeutenden Büchern, Autografen und Illustrationen auf.

Von Martin Miersch
01.11.2016

Für seinen beißenden Humor war George Grosz in der ­Weimarer Republik gefürchtet. Da überrascht es nicht, dass er gleich zu Beginn der neuen Ära Reichspräsident Friedrich Ebert aufs Korn nahm. Der „Daumier von Plötzensee“ sah Ebert als feisten Monarchen „von Geldsacks Gnaden“ im Klubsessel thronen. Eberts Krone, die mit Kreuz bzw. Hammer und Sichel geschmückt ist, verweist auf die problematische Koalition von SPD und Zentrumspartei. Mit diesem Titelblatt startete 1919 die Satire-Zeitschrift „Die Pleite“, die von Grosz und ­Wieland Herzfelde heraus­gegeben wurde.

Bei Nosbüsch & Stucke kommt nun der komplette erste Jahrgang mit Illustrationen von Grosz, John Heartfield und Thomas Theodor Heine zur Taxe von 12.000 Euro unter den Hammer. Die radikale Berliner Zeitschrift mit expressionistischen und dadaistischen Einflüssen, die im Titel dem Pleitegeier als dem heraldischen Vogel der Weimarer Republik huldigt, ist von größter Seltenheit. Angeboten wird zudem ein weiteres Rarissimum der Dada-Literatur: „Die Quirl­sanze“, verfasst anlässlich des Sturm-Balls vom 8. März 1921 von Rudolf Blümner und im selben Jahr im Verlag „Der Sturm“ in Berlin erschienen. Die mit einer aquarellierten Illustration von Paul Busch auf dem Titel sowie drei weiteren Illustrationen von Schwitters, Kokoschka und Busch verse­hene Zeitschrift soll 9000 Euro einspielen. Auf nur 750 Euro wird ein seltenes Anti-Dada-Manifest von Raoul Hausmann mit dem Titel „Présentismus. Gegen den Puffkeismus der Teutschen Seele“ taxiert. Hausmann las es auf der Tournee mit Schwitters nach Prag in Jena im September 1921 vor. „Wir wollen in dieser mittel­europäischen Flachheit endlich den Aspekt einer Welt, die real ist, eine Synthese des Geistes und der Materie – anstatt der ewigen, nörglerischen Analysen und Bagatellen der deutschen Seele“, heißt es darin.

In der Abteilung Autografen ragt ein zwischen 1808 und 1821 geführtes Tagebuch des Porträtmalers Josef Grassi (Taxe 12.000 Euro) heraus. Es enthält wertvolle Informationen über Grassis Aufenthalt in Rom, über den bisher nur wenig bekannt war. Auf die detaillierte Aufstellung der Reiseroute von Gotha über nicht weniger als 60 Stationen nach Rom folgt sein fünfsei­tiges Verzeichnis der in Rom tätigen Künstler, die größtenteils auch von Grassi besucht wurden, ein kurzer Exkurs über das gesellschaftliche Leben in Rom sowie ein Verzeichnis der unterschiedlichsten Kunstwerke. Das bislang verschollene Notizbuch Grassis bereichert auf diese Weise unsere Kenntnisse über das Kunstleben im Rom des frühen 19. Jahrhunderts.
Das teuerste Objekt der Auktion ist eine umfangreiche Sammlung von über 5600 Tusche- und Federzeichnungen sowie Aquarellen für die „Meggendorfer Blätter“ von über 110 Künstlern zur Taxe von 48.000 Euro.

ABBILDUNG

Georg Grosz, „Von Geldsacks Gnaden“, Illustration aus „Die Pleite“ 1/1919, Nosbüsch & Stucke, Berlin, Taxe 12.000 Euro (Foto: Nosbüsch & Stucke, Berlin)

Auktion

Nosbüsch & Stucke Berlin, 4. und 5. November

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Dieser Beitrag erschien in

WELTKUNST Nr. 122/2016

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