Ausstellungen im Spätsommer

Unsere Ausstellungstipps für September

In diesem Monat freuen wir uns auf Rose Wylie in Bern, lernen mehr über das Leben von Marc Aurel in Trier und begeben uns auf eine französische Reise in Potsdam

Von Tim Ackermann & Sina Ehlers
29.08.2025
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 245

MODERNE IM ZOO

Franz Marc Museum, Kochel am See, bis 9. November

Zwischen Artenschutz, Bildung und Quälerei bleibt der Zoo ein Gegenstand der Kontroverse. Als die Evolutionstheorie im 19. Jahrhundert das Tier zum fühlenden Gegenüber erklärt, weckte der Ort zunehmend künstlerisches Interesse. In August Mackes „Mädchen mit blauen Vögeln“ von 1914 erstrahlt er als paradiesische Szenerie. Konträr dazu betonen Adolph Menzels „Drei Bären im Käfig“ (1863–1883) die Grausamkeit der Gefangenschaft. Neben weiteren expressiven Tiergartenlandschaften von Kunstschaffenden des Blauen Reiters und der Brücke zeigen auch Skulpturen von Renée Sintenis den Blick auf das Phänomen Zoo durch die Augen der Moderne.

August Macke, „Mädchen mit blauen Vögeln“, 1914
August Macke, „Mädchen mit blauen Vögeln“, 1914 © Fine Art Images – Artothek/Courtesy Lempertz

EDI HILA

Hamburger Kunsthalle, bis 5. Oktober

Auf der Documenta 14 waren seine Bilder der Hingucker und blieben noch lange danach im Gedächtnis. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass die Werke des 1944 im albanischen Shkodër geborenen Malers einen spannungsvollen Zustand von Ambivalenz anzeigen. In blasser, trüber Farbigkeit malt Edi Hila moderne Architekturen, von denen man nicht sagen kann, ob sie aufgebaut oder zerstört werden. Es sind „Übergangslandschaften“, wie Hila eine seiner Serien genannt hat, zu der „Haus, von Mauer umgeben“ (2000) gehört. Die Situation dauerhafter Unsicherheit im postsowjetischen Albanien erreicht auch die Herzen der Betrachtenden, die zwischen den 40 gezeigten Bildern unweigerlich ein Gefühl der Haltlosigkeit verspüren.

Eda Hila, „Haus von Mauer umgeben“, 2000
Eda Hila, „Haus von Mauer umgeben“, 2000 © Rebecca Fanuele/Edi Hila/Courtesy of Mitterrand, Paris

PISSARO

Museum Barberini, Potsdam, bis 28. September

Die Urlaubssaison nähert sich dem Ende, und wer schnell noch mal nach Frankreich reisen möchte, ohne dabei den Berliner Speckgürtel zu verlassen, dem sei diese Pissarro-Ausstellung wärmstens empfohlen: Schöner als „Blühende Pflaumenbäume, Éragny“ (1894) kann eine echte Landidylle nicht sein. Und die Darstellung der verregneten Tuileriengärten in Paris von 1899 erinnert an romantische Fluchten zu zweit in den Schutz der Bäume während der zahlreichen Wolkenbrüche dieses Sommers. Kurz: Jeder und jede findet in Claude Pissarros Gemälden, was er liebt. Das ist der Zauber des Impressionismus, der im Museum Barberini (auch dank kostbarer Leihgaben) einmal mehr wirkt.

Pissarro, Blühende Pflaumenbäume, Éragny“, 1894
Pissarro, Blühende Pflaumenbäume, Éragny“, 1894 © William O’Connor, Denver Art Museum

MARC AUREL

Landesmuseum und Stadtmuseum Trier, bis 23. November

Er war ein Herrscher, der lieber dachte als kämpfte. Während die römischen Grenzen bröckelten und die Pest durch das Reich zog, schrieb Marc Aurel um 170 n. Chr. im Feldlager seine Selbstbetrachtungen – Reflexionen seines stoischen Weltbildes, heute Teil der Weltliteratur. Der bereits zu Lebzeiten für seine Besonnenheit geachtete Philosophenkaiser gilt als seltenes Ideal in der Geschichte der Macht. Nun lädt eine archäologische Ausstellung mit 300 Exponaten dazu ein, in die Epoche des Kaisers einzutauchen und sich zu fragen: Was macht einen guten Herrscher aus?

Bronzener Pferdekopf, Teil der Ausstellung in Trier
Der bronzene Pferdekopf ist Teil der Ausstellung in Trier © A. Brücklmaier/Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Archäologisches Zentraldepot

ROSE WYLIE

Zentrum Paul Klee, Bern, bis 5. Oktober

Ihre Malerei lebt von Bild und Wort, ihre Werke dienen als visuelle Gedächtnislandschaften. Rose Wylie blättert durch Zeitungen, schaut Filme, beobachtet Alltagsszenen. Was ihr in Erinnerung bleibt, inspiriert ihre expressiven Figuren in vermeintlich simpler Ästhetik, wie in „Manor“ aus dem Jahr 2004. Die Ausstellung zeigt nun Werke aus der späteren Schaffensphase der 90-jährigen Britin, in denen hinter der strategischen Leichtigkeit durchaus auch gesellschaftskritische Botschaften zu entdecken sind: In „Cuban Scene“ (2016) etwa tanzen zwei stilisierte Gestalten durch Tropenidylle und Postkartenklischees.

Rose Wylie, „Manor“, 2004
Rose Wylie, „Manor“, 2004 © Soon-Hak Kwon/Courtesy of Jari Lager/Rose Wylie

LAURE PROUVOST

Mucem, Marseille, bis 28. September

Zurück aus der Zukunft: In Berlin hatte die wunderbare Laure Prouvost zu Jahresbeginn noch mit Filmbildern überrascht, die sie mithilfe eines neuartigen Quantencomputers produziert hat. In Marseille beschwört sie dagegen die uralte Macht des Meeres. Auf dem Tour de Roi René am Eingang des Jachthafens hat sie die Wetterfahne „Icare, Us, Elle“ (2025) instal-liert. Plant diese mysteriöse Fischfrau einen Flug? Und stürzt sie dann wie ihr antiker Namensgeber Ikarus in die Fluten? Prouvost lässt solche Fragen offen und unterhält uns lieber mit einem neuen Videofilm, den sie mit kostümierten Freitauchern unter Wasser gedreht hat und der seinen ganz eigenen magischen Sog entfaltet.

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