Melati Suryodarmo in Maastricht

Ins Weiße getroffen

Im Bonnefantenmuseum in Maastricht ist zum ersten Mal in Europa eine große Einzelausstellung der indonesischen Performancekünstlerin Melati Suryodarmo zu sehen

Von Catherine Peter
25.08.2022

Sich auf dünnem Eis bewegen – so sagt die Redewendung. Die Künstlerin Melati Suryodarmo bewegt sich hingegen in ihrer Performance „Exergie – Butter Dance“ auf Butter. Und zwar wie! Im Trommelrhythmus tanzt und rutscht sie auf hohen roten Schuhen auf der Stelle, stolpert, fällt, richtet sich auf und fängt, schon ganz mit Fett beschmiert, von vorne an. Diese zeitgenössische Variante des Sisyphosmythos ist die bekannteste Arbeit der in Europa ansonsten noch wenig bekannten Künstlerin aus Indonesien. Unterlegt mit einem Titel der Sängerin Adele ist sie ein kleiner Hit auf YouTube und Zeugnis ihrer dekonstruktivistischen Auseinandersetzung mit Energiequellen.

Melati Suryodarmo Exergie Butter Dance Performance
Ihre Performance „Exergie – Butter Dance“ (2005) führte die Künstlerin bereits 2005 bei VideoBrasil in Sao Paolo auf. © Courtesy of the artist, Foto: I. Matthaeus

Der Ausstellungstitel „I am a Ghost in My Own House“ zitiert eine Arbeit, die im ersten und größten Raum der Ausstellung installiert ist. Hier sind zwei Artefakte der Aktion zu sehen: ein stark beschmutztes weißes Kleid und ein großes abgetrenntes Feld aus Holzkohle. Eine Videodokumentation zeigt Ausschnitte der zwölfstündigen Performance, in der Suryodarmo in ebendiesem weißem Kleid Holzkohle zu schwarzem Puder zermahlt. Durch die Arbeit der Künstlerin wird die nützliche Kohle nutzlos, absichtlich. Auch hier geht es um ein absurdes und vergebliches Ringen und um Erschöpfung.

Melati Suryodarmo Head Piece
Im Schwarz-Weiß-Video „Head Piece“ (1997) dreht Melati Suryodarmo ihren Kopf zu einem Stück Meredith Monks hin und her, erst langsam, dann schneller. © Courtesy of the Artist

In einem kleineren Raum direkt nebenan wird eine der ersten Werke Melati Suryodarmo präsentiert, „Head Piece“, ein Schwarz-Weiß-Video. Hier ist nur der Kopf der Künstlerin sichtbar, sie presst ihre beiden Fäuste an die Seiten ihres Gesichts und dreht diesen hin und her, erst langsam, dann schneller. Zu hören ist „Chinook Whispers“, ein Stück der amerikanischen Musikerin und Performancepionierin Meredith Monk, inspiriert von den Stimmen der First-Nation-Bevölkerung Kanadas. Dabei schaut die Künstlerin direkt in die Kamera, mit einem fordernden, aber auch offenen Blick. Die Arbeit entstand 1997, als Melati Suryordarma noch Schülerin von Marina Abramović in Braunschweig war. Die Nähe zum meditativen Kunstansatz ihrer ehemaligen Professorin ist spürbar. Melati Suryordarma setzt ihren Körper auf eine ähnlich theatralische und dramatische Art und Weise ein.

Melati Suryodarmo Transaction of Hollows
2012 performte Melati Suryodarmo „Transaction of Hollows“ zum ersten Mal im Lilith Performance Studio in Malmø. © Courtesy of the artist, Foto: Petter Petterson

In der Performance „Transaction of Hollows“ (2012), die die Künstlerin in den Räumen des Bonnefantenmuseum wiederholt hat, schießt sie, in Weiß gekleidet, mit einem Bogen Pfeile an die Wände eines bis dahin makelosen Raumes. Die Performance wurde vom Museum aufgezeichnet und ist nun in demselben Raum als Video zu sehen. Langsam und bedächtig bewegt sich die Künstlerin. Das Geräusch der Pfeile, wenn sie in die Wand eindringen, bleibt im Gedächtnis haften. Wo Performance allzu oft in Pathos und Kitsch zu gleiten droht, schafft es Melati Suryodarmo, einen starken Eindruck zu hinterlassen. Hunderte Pfeile evozieren symbolträchtig Bilder von Kriegen, aber lassen auch an eine Armee von Cupidos denken.

Service

Ausstellung

„I am a Ghost in My Own House“,

kuratiert von Philippe Pirotte,

bis 30. Oktober,

Bonnefanten-Museum, Maastricht

bonnefanten.nl

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