Purple Path

Neue Wege in Chemnitz

Ein Skulpturenpfad führt jetzt durch Chemnitz und das Erzgebirge. Die Werke werden der Region auch über das Kulturhauptstadtjahr hinaus erhalten bleiben 

Von Regine Müller
25.07.2025
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 243

Der „Purple Path“ ist eines der nachhaltig gedachten Hauptprojekte des europäischen Kulturhauptstadtjahrs Chemnitz 2025: Dieser weiträumige Skulpturenpfad, der verschiedene Kommunen in der Erzgebirgsregion verbindet, spielt mit seinem Namen auf das Prinzip Hoffnung des hier christlich geprägten Bergbaus an. In der kirchlichen Tradition steht die liturgische Farbe Violett für die Empathie in der Passionszeit und für die Hoffnung im Advent. Dem Bergbau sei diese Symbolik „eingeschrieben“, heißt es in einer Publikation der Kulturhauptstadt. Der Purpurpfad sei ein „künstlerisches Angebot“, die Region neu zu betrachten.

Werke von mehr als 60 Künstlerinnen und Künstlern waren beim offiziellen Eröffnungstermin bereits im Erzgebirge installiert. Man braucht Zeit, um die Kunst zu entdecken. Manche Arbeiten sind unauffällig positioniert, andere weithin sichtbar oder schon deshalb nicht zu übersehen, weil sie alltägliche Wege kreuzen und neu definieren. Der 100 Meter lange Fußgängertunnel des Bahnhofs in Flöha etwa macht Tanja Rochelmeyers Arbeit „Glance“ zu einer begehbaren Installation: Beim Durchlaufen nimmt man – nicht nur mit dem titelgeben den flüchtigen Blick – 171 rechteckige Tafeln
wahr. Diese zeigen Elemente wie Rahmen, stilisiertes Mauerwerk, Rechtecke oder Buchstaben, die den Stadtnamen Flöha ergeben.

Die heiter stimmende Arbeit will auch an die Arbeiterinnen und Arbeiter einer ehemaligen Baumwollspinnerei erinnern, die den Bahnhofstunnel bis 1994 täglich nutzten. Imposant in die Vertikale reckt sich Olaf Holzapfels 14 Meter hohe Holzskulptur „Zwei in ein ander Gewobene“, die auf der Dittersdorfer Höhe bei Amtsberg am Himmel zu kratzen scheint. Das Werk des gebürtigen Dresdners verweist auf jene Türme, die in Sachsen über geodätischen Festpunkten errichtet wurden und als Vermessungsstationen zur Kartierung des Königreichs dienten. Deutlich dezenter ist dagegen Michael Sailstorfers „Fließgleichgewicht“ am Ufer der Zschopau in der gleichnamigen Stadt – eine Konstruktion aus einem abgeknickten Stahlrohr über dem Fluss mit einem doppelseitigen Spiegel am Ende, dessen Oberflächen die Umgebung und das fließende Wasser reflektieren. Die Form verweist auf die Seitenspiegel der legendären MZ Motorräder, die bis 2009 in Zschopau gebaut wurden.

Purple Path Kris Martin
Kris Martins steinerne Plastik „Good Luck“ von 2024. © Natalie Bleyl/Courtesy Kris Martin

Noch unauffälliger in das Umfeld integriert sind die sanft schaukelnden Laternen von Nevin Aladağ über dem Teich im Austelpark in Zwönitz. Für „Color Floating“ hat die Künstlerin Designlampen der 1960er Jahre mit farbigen und unterschiedlich gemusterten Strumpfhosen überzogen – eine Reminiszenz an die örtliche Strumpffabrik, die das Material für die Arbeit lieferte.

Dass die Skulpturen des „Purple Path“ über das Kulturhauptstadtjahr hinaus bleiben werden, machte die Beteiligung der Kommunen essenziell. Auswahl und Standorte wurden in der jahrelangen Vorbereitung mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern diskutiert, die in ihren Gemeinden das Für und Wider der Investitionen abstimmen mussten. „Viele Werke gab es ja schon vorher; wir haben sie angekauft und mit den Künstlerinnen und Künstlern die Kontexte besprochen. Andere Arbeiten wurden modifiziert, dritte neu entwickelt und in der Regel auch in Werkstätten und Betrieben der Region produziert“, erklärt „Purple Path“ Kurator Alexander Ochs. Eine Schar ehrenamtlicher Helfer unterstreicht die Begeisterung für die Projekte, wie etwa bei Rebecca Horns faszinierender Installation „The Universe in a Pearl“, die in der Hospitalkirche in Lößnitz so magisch wirkt, als sei sie für diesen Bau gemacht. Hier hüten Freiwillige das fragile Kunstwerk und sprechen mit Feuereifer über die Wirkung vor Ort.

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