Nachruf auf Richard Feigen

Ein genialer Generalist

Der New Yorker Kunsthändler Richard Feigen war eine Legende des Kunstgeschäfts mit einer Bandbreite von den alten Meistern bis zur Gegenwartskunst. Nun ist er mit 90 Jahren an den Folgen von Covid-19 gestorben

Von Wolfgang Wittrock
03.02.2021

„Nur wenige Menschen haben das gewisse Auge, die Fähigkeit, sich in einen Künstler hineinzuversetzen, zu sehen, was er gesehen hat, zu verstehen, was das intellektuelle Klima der Zeit war… Dieses Auge scheint angeboren zu sein, nicht erworben“. So schrieb Richard L. Feigen 2005 in seinem Memoiren.

Er war der Idealtyp eines erfahrenen, ja gelehrten Kunsthändlers, der aus tiefer Überzeugung – nicht aus vordergründiger händlerischer Motivation – Künstler und Werke vermittelt, mehr sogar sich missionarisch einsetzte. Nicht einer Mode folgend, eher selber einen Trend setzend!

Ein Beispiel ist sein Engagement für das Werk von Max Beckmann an den 1950er-Jahren bis zu seinem Tode. Damals bekamen Museen wie das Art Insitute in Chicago oder das MoMA seine Gemälde geschenkt, diese landeten aber im Depot. Feigen nervte die Verantwortlichen so lange, bis diese Bilder in die Schausammlung kamen.  Immer wieder war er in seinen Gesprächen begeistert und verglich unter anderem die Qualität des Triptychon „Blindekuh“ (1944/45) mit dem Gemälde „Guernica“ (1937) von Pablo Picasso.Er behielt wunderbare Gemälde von Max Beckmann in seiner Privatsammlung und brachte Museumsdirektoren und Sammler zur Verzweiflung, da er diese für kein Geld verkaufte! Bestes Beispiel „Hölle der Vögel“ 1938. Erst im Hinblick auf die spätere Erbschaft gab er das Bild salomonisch im Juni 2017 zu Christie´s nach London in die Auktion. Dort erzielte es 40,8 Millionen Euro.

Erstaunlich, bewundernswert die Bandbreite und Stile der Künstler, mit denen er handelte: speziell italienische Alte Meister über die Deutschen Expressionisten bis in die Gegenwart zu James Rosenquist und Ray Johnson. Über 120 Museen, weltweit, gehörten zu seinen Kunden. Während meiner Besuche in New York, meist zur hektischen Auktionssaison, waren die Flick Collection und die Galerie von Richard Feigen Orte der Qualität und Kontemplation.

1991 aber war es ganz anders: unglaublich aufregend! Ich erfuhr, dass er das großartige Beckmann-Gemälde „Reise auf dem Fisch“, 1934, anbot. Sofort flog ich nach New York, um das Original zu sehen. Mich traf der Schlag, als ich davorstand und war sofort entschieden, es zu erwerben. Nun folgte die zähe Preisverhandlung. Ich gab ein verbindliches Angebot ab, er brauchte Stunden Bedenkzeit. Quälend lange Stunden für mich! Er akzeptierte! Damals war es der höchste Preis für ein Bild des Künstlers (3 Millionen Dollar). Dank des engagierten Einsatzes von Peter Beye hängt das Werk seit 1992 in der Staatsgalerie Stuttgart.

Hierzu passt Richard Feigens Motto: „Money will always be printed, great art won’t.“

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Der Autor

Wolfgang Wittrock ist einer der bedeutendsten deutschen Kunsthändler und erforscht mit seiner Ferdinand-Möller-Stiftung die klassische Moderne im NS-Staat.

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