Ausstellungen

Stilkunde: Hundehalsbänder

Mit Stacheln bewehrt oder mit Strass besetzt – Hundehalsbänder erzählen von der Kulturgeschichte der Beziehung zwischen Mensch und Hund. Einige sind bis 13. September in der Ausstellung „Treue Freunde“ im Bayerischen Nationalmuseum in München zu bewundern

Von Gloria Ehret
14.02.2020

Spaziergänger staunen oft über gestylte Pudel mit akkurat geschorenem Lockenfell, überschlanke hochbeinige Windhunde oder kleine drollige Möpse. Gern sind diese mit aufwendigen Halsbändern ausgestattet. Ein Halsband muss sein, denn wo sonst könnte man die Leine einhängen und die Steuermarke befestigen? Schon im Sachsenspiegel, der berühmten mittelalterlichen Rechtsordnung, wurde der Hund als Reichsobjekt mit entsprechenden Ge- und Verboten erfasst, und seit dem 15. Jahrhundert waren regelmäßige Hundemusterungen üblich. Bei den wohl ältesten erhaltenen Hundehalsbändern vom Ende des 15. Jahrhunderts handelte es sich um eher derbe Schutzbänder, die als Defensivwaffen mit nach außen weisenden Eisenstacheln ­besetzt waren. Mussten sich Hunde damals doch in der Jagd gegen Bären, Wölfe oder Wildschweine behaupten.

Halsbänder in Museen und Sammlungen

Wer keinen persönlichen Kontakt zu Vierbeinern hat, wundert sich über die reiche Auswahl an aufwendig verzierten Halsbändern in verschiedenen Materialien. Veritable Hundehalsbandsammler waren John und Gertrude Hunt. Über Jahrzehnte trugen sie Exemplare zusammen, die seit 1977 im Dog Collar Museum in Leeds Castle in Kent zu sehen sind. Und die aktuelle Sonderschau „Treue Freunde. Hunde und Menschen“ im Bayerischen Nationalmuseum widmet den Halsbändern ein eigenes Kapitel.

"Dogge mit Welpe", Gemälde von Johann Georg Waxschlunger (?), München, Anfang 18. Jahrhunderts, Öl auf Leinwand (© Bayerisches Nationalmuseum)

Schon auf ägyptischen Wandmalereien der Pharaonenzeit, den antiken griechischen Vasenbildern oder römischen Fresken und Mosaiken sind Jagd- und Haushunde mit Halsbändern abgebildet. Jahrhundertelang zählte die Jagd zu den herrschaftlichen Vergnügungen. In der Jägersprache nennt man die Halsbänder „Halsung“. Ende des 11. Jahrhunderts tauchen auf dem berühmten Teppich von Bayeux berittene Jäger mit Hund samt Halsband auf. Spätestens seit der Renaissance haben sich bedeutende Staatenlenker mit Hund als treuem Gefährten porträtieren lassen. 1532 tritt uns Karl V. als Ganzfiguren-Standesporträt im trauten Umgang mit seinem „englischen Wasserhund“ gegenüber. Elegant, Ton in Ton, passt sich das Hundehalsband mit kostbar ornamentiertem Verschluss dem modischen Outfit des Kaisers an. Am englischen Hof hat Anthonis van Dyck 1637 die fünf ältesten Kinder König Karls I. samt einem artigen Riesenhund mit breitem, gold schimmerndem Halsband und einem kleinen lebhaften Hündchen porträtiert.

Herrchens Namen auf dem Halsband

Dem mutigen vierbeinigen Jagdbegleiter legte man bei gefährlichen Sauhatzen gelegentlich einen leichten Schutzpanzer aus widerstandsfähigem Leinen an. Ein zugehöriges Lederhalsband trägt applizierte Messinginitialen, die sich auf Herzog Johann Wilhelm von Sachsen mit der Datierung 1689 beziehen. In der Münchner Ausstellung sind darüber hinaus breite und schmale, elegante und martialisch mit langen Eisenspitzen bewehrte Halsbänder versammelt, die an die Hundemeute von Karl II. August, Herzog von Pfalz-Zweibrücken (reg. 1775–1795), erinnern. Die Initialen „PZ“ dienten der Identifizierung, falls die Hunde im Jagdrausch verloren gehen sollten. Einige enthalten zudem Inschriften in der damals üblichen Hofsprache Französisch.

Ein Halsband für einen Hirsch

Fast rührend mutet dagegen eine Hirschhalsung von 1609 aus Messing mit Namen und Wappen des Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz an. Denn die gravierte Aufschrift auf den zwölf Kettengliedern lautet: „LIEBER/JÄGER/LASS/MICH/LEBEN/DER/CHURFÜRST/HAT/MIR/FREIHEIT/GEBEN“. Damit stellt das Halsband den edlen Hirsch gleichsam vor den Jägern unter herrschaftlichen Schutz.

Hundehalsbänder als Schmuck

Hat man erst einmal den Blick geschärft, fallen auch im Kunsthandwerk vielfach Hundehalsbänder ins Auge. Möpse avancierten im 18. Jahrhundert zum Modehund schlechthin. Sie wurden in zahlreichen Meissener Porzellanfiguren von Johann Joachim Kaendler verewigt: so der Mops des Grafen Brühl, dessen leuchtend blaues Halsband die Initialen des Herrn und damaligen Leiters der Manufaktur zieren. Für Katharina die Große hat Kaendler den Lieblingshund der Zarin nach einer Zeichnung modelliert und mit einem zarten goldenen Ornamenthalsband staffiert. Gracia Patricia von Monaco bekam zur Geburt ihres ersten Kindes vom fürstlichen Gatten Rainier eine Pudelbrosche von Cartier, bei der das kostbare Hundehalsband als Schmuck im Schmuck herausgearbeitet ist. Die wohl bedeutendste Sammlung von Hundehalsbändern geht auf Émile Hermès zurück. Einige wurden wiederum zum Vorbild für Hermès-Kleidergürtel und -Armreife. Auch heute gibt es für verwöhnte Vierbeiner Luxushalsbänder. So wirbt die Halsbandmanufaktur von Gaby Burmeister nahe München mit Modellen aus handgeflochtenem Seidengarn mit Metallapplikationen oder Strassbesatz.

Service

Ausstellung

„Treue Freunde. Hunde und Menschen“

Bayerische Nationalmuseum, München
bis 13. September

Dieser Beitrag erschien in

WELTKUNST Nr. 167/2020

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