Highlights München

Highlights München blüht wieder auf

Preziosen in der Residenz und im Messezelt: Die Münchner Highlights präsentieren erlesene Kunstwerke aller Jahrhunderte erneut an zwei Orten

Von Gloria Ehret
20.10.2022
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 205

Die Präsentation des vergangenen Jahres hat sich bewährt und wird fortgesetzt: Die Zweiteilung der Münchner Highlights mit einer Handvoll Aussteller im sogenannten Bronzesaal der Residenz und in einem Messezelt verbindet das höfisch-museale Entree mit dem luftigen Ambiente in der temporären „Architektur“. Auch auf dieser 11. Salonmesse zeigen knapp 50 Kunsthändler und Galeristen Kunst bis in die jüngste Gegenwart auf höchstem Niveau, darunter zahlreiche Neuaussteller.

Großartig, dass Vanderven Oriental Art aus ’s-Hertogenbosch – regelmäßiger Tefaf-Aussteller – nun in München mitmacht. Seit 2012 leitet Floris van der Ven das Familienunternehmen mit chinesischer Kunst. Unter den Exponaten, die er mitbringt, ragt eine expressive, über einen halben Meter hohe Biskuitporzellan-Figur des daoistischen Höllenkönigs Yanluo Wang aus dem späten 17. Jahrhundert mit lebhafter polychromer Staffierung heraus (95 000 Euro). Ein Luohan-Buddha-Kopf aus Stuck der Ming-Dynastie (1368–1644) verblüfft durch sein realistisches Aussehen und den eindringlichen Blick aus schwarzen Glasaugen (38 000 Euro). In München ist zudem eine sicherlich spannende Zusammenschau mit der Moderne-Galerie Beck & Eggeling geplant. Monika Fahrensons „Brigantine 1900“ wechselt den Schauplatz von der Kunst & Antiquitätenmesse im Haus der Kunst zu den Highlights in der Residenz. Dort präsentiert sie das Jugendstil-Kleinod der „Pervenches“-Vase um 1898 in Überfangglas mit Einschmelzungen, Marqueterie und Schnitt, die Gallés künstlerische Intention mit dem handwerklichen Können seiner Manufaktur vereint (27 000 Euro). Erstmals dabei ist auch die 1981 gegründete Londoner Gilden’s Art Gallery mit Kunst des 20. Jahrhunderts und der Moderne.

Europäische Kunst vergangener Jahrhunderte ist facettenreich bei den Generalisten Peter Mühlbauer aus Pocking, Christian Eduard Franke und Senger (beide aus Bamberg) zu bewundern. Mühlbauer bringt ein gotisches Tafelbild mit der Geburt Christi des Meisters der Sebastianslegende Wolfgang Beurer mit, das um 1480 entstand (225 000 Euro). Mit dem Gegenstück, das heute den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gehört, bildete es die Flügel des Marienaltars im Kloster Kaisheim, bevor beide Tafeln 1852 als Säkularisationsgut versteigert wurden. Senger mit Spezialgebiet mittelalterliche Skulpturen bietet die Horbacher Madonna mit Kind an, die in der Fachliteratur unter anderem von Hubert Wilm gewürdigt wurde. In Schwaben um 1430/40 in Lindenholz geschnitzt, strahlt sie Liebreiz und Anmut der „Schönen Madonnen“ aus (135 000 Euro). Lucas Cranach d. Ä. ist bei Senger mit einem Bildnis des Kurfürsten Friedrich III. (des Weisen) von Sachsen-Wittenberg dabei. Auf 1532 datiert, ist das Antlitz von aufgeklebten Textbändern umgeben. Das Täfelchen stammt aus einer postum gefertigten Serie mit Bildnispaaren, die Friedrich nebst seinem Bruder und Nachfolger Johann dem Beständigen zeigt. Es dürfte sich um Cranachs Prototyp handeln, der in der Werkstatt als Vorlage für weitere Fassungen diente (550 000 Euro).

Christian Eduard Franke hebt bei den Möbeln einen geschwungenen Pariser Konsoltisch „au dragon“ von 1735 mit originaler Marmorplatte sowie eine allseitig leicht bombierte Kommode aus der Potsdamer Spindler-Werkstatt um 1765 hervor. Aus Paris stammt ein reich marketierter, runder Guéridon des Nicolas Petit um 1760 mit allseitiger Würfelparkettierung und feuervergoldeten Bronzeapplikationen (18 800 Euro). Zudem zeigt Franke eine Sammlung aufwendig mit Intarsien und Marketerie gearbeiteter, zauberhafter Miniaturmöbel des 18. Jahrhunderts aus einem privaten Nachlass.

Langeloh Porcelain (Friedel Kirsch, Weinheim) und Röbbig (München) sind die beiden wichtigsten Porzellanspezialisten unseres Landes. Langeloh bietet rare Meissener Serviceteile aus dem 18. Jahrhundert: eine große, bemalte Gelbfond-Teedose mit zwei Bildnissen von Adam Friedrich Löwenfinck nach dessen eigener Vorlagenzeichnung sowie ein Kännchen mit der seltenen pseudochinesischen Löwenfinck-Signatur (um 1735) und drei von ihm bemalte Teller aus dem frühen Earl-of-Jersey-Service als Raritäten, die sonst auf dem Markt nicht mehr erhältlich sind. Röbbig verwandelt seinen Stand in einen höfischen Salon des 18. Jahrhunderts. Highlights sind die Meissener Augustus-Rex-Vase mit AR-Monogramm um 1735 und „Indianischen Blumen“ in einer weißgrundigen Kartusche mit Goldspitzenrahmen vor unterglasurblauem Fond (160 000 Euro). Das Paar dreiarmiger Figurenleuchter prunkt in verschwenderischer Fülle mit je einem bunt staffierten Jäger (Modelle von J. J. Kaendler und F. Eberlein, Ausformung und Staffierung Meissen um 1742/45) in vergoldeter Pariser Bronzemontierung, gestempelt „C couronné, 1745/49“, umgeben von einer Fülle zarter französischer Blüten aus Weichporzellan (110 000 Euro).

Silber ist die Domäne des Kunsthandels Helga Matzke. Aus der Fülle bedeutenden Tafelsilbers ragen drei außergewöhnliche vergoldete Trinkgefäße heraus: Peter Millers um 1555/72 entstandener Ulmer Stapelbecher (21 000 Euro), ein Augsburger Deckelhumpen mit feinem Diamantdekor von Salomon Ritter um 1640/45 (32 000 Euro) und ein Glogauer Münzhumpen des Matthes Francke von 1685, dessen Wandung, Deckel und Fußring mit silbernen Geprägen verschiedener Linien des Hauses Braunschweig-Lüneburg mit dem „Wilden Mann“ belegt sind, die alle dieses Motiv zeigen (65 000 Euro).

Zeitgenössische Silberobjekte erregen bei Christopher Kende aus Tübingen Aufmerksamkeit. Der japanische Goldschmiedekünstler Ryuhei Sako ist mit einer Vase in typischer „Mokume-gane“-Schnitttechnik vertreten (9500 Euro), Wayne Meeten mit der Vase „Flowing of Spirals“ in Britannia Silber (25 000 Euro). Josef Hoffmanns Entwurf für einen Korb wurde von der Wiener Werkstätte nur siebenmal ausgeführt (23 000 Euro).

Die Wiener Galerie Kovacek verbindet große Glaskunst mit modernen Gemälden und präsentiert so gegensätzliche Werke wie Alfons Waldes um 1920 gemalte „Eislauf“-Szene (650 000 Euro) und Egon Schieles zarte Bleistiftzeichnung „Sitzende Dame“ (280 000 Euro). Die Wiener Galerie bei der Albertina Zetter betört mit Hans Ofners vierteiligem Möbel-Ensemble, bestehend aus Schreibtisch mit Armsessel und zwei schmalen Hochkästchen von 1911. Alle Möbelteile sind weiß lackiert, mit schwarzen Schmuckleisten versehen, stehen auf schlanken gehämmerten Messingbeinen und wirken wie der Inbegriff des Wiener Jugendstils. Schreibtisch mit Armsessel und zwei schmalen Hochkästchen von 1911.

Die Klassische Moderne wird seit Jahren immer wichtiger, sowohl im Auktionsgeschehen wie auch auf Kunstmessen – ob in Maastricht oder München. So nehmen an den Highlights mit Beck & Eggeling, Ludorff, Schwarzer oder Utermann die bedeutendsten Galerien aus dem Rheinland teil, mit Dr. Moeller und Thole Rotermund jene aus Hamburg sowie Michael Schwarze aus Kelkheim oder Schlichtenmaier (Schloss Dätzingen bzw. Stuttgart). Wassily Kandinsky ist mit einer großartigen Papierarbeit in Tusche, Aquarell und Gouache am Stand der Galerie Utermann zu bestaunen: Monogrammiert und auf 1941 datiert, stammt das fast 50 Zentimeter große Blatt mit Werknummer aus der Sammlung Nina Kandinsky (380 000 Euro). Thole Rotermund kommt mit Pechstein und Feininger sowie den Malern des Blauen Reiter. Als museale Rarität verweist er auf Gabriele Münters raren, um 1907 entstandenen Farblinolschnitt „Wäsche am Strand“.

Dr. Alexander Kunkel erweitert sein Programm der Kunst um 1900 in Richtung klassische Modernde und Kunst nach 1945. Der Münchner Malerfürst Franz von Lenbach hat den Mimen Ernst von Possart als Richard III. in theatralischer Pose in Öl gemalt (28 000 Euro). In Gouache mit Silberbronze hat August Macke 1913 einen „Wagen in Silberner Straße“ aufs Papier gezaubert (180 000 Euro), Emil Nolde ist mit dem Aquarell „Blumen mit roter und gelber Blüte“ von 1950 mit von der Partie (175 000 Euro). Pablo Picasso hat vier Tage nach seinem 90. Geburtstag in frischer Manier einen „Tête d’Homme“ aufs Papier geworfen (295 000 Euro). Die Münchner Galerie Française ist die Adresse für Serge Poliakoff, von dem Gérard Schneider eine „Composition abstraite“ in Tempera mitbringt. Willi Baumeister gehört zum festen Programm der Galerie Schlichtenmaier. „Fußballspieler“ lautet der Titel einer großartigen Baumeister-Arbeit von 1934 in Öl und Sand auf Leinwand (350 000 Euro).

Kunst auf Papier ist ein eigenes unermessliches Feld. Als „Sahnehäubchen“ für die Highlights nennt die Kölner Galerie Boisserée unter anderem „Chris“ von Alex Katz, 2011 wie ein Schnappschuss als Kohlezeichnung in den Maßen 38,5 zu 57,8 Zentimeter festgehalten (75 000 Euro). Roy Lichtensteins signierter, datierter und nummerierter Siebdruck „Moonscape“ auf blauem Rowlux von 1965 aus dem Mappenwerk „11 Pop Artists“ lebt von der Farbe (48 500 Euro). Florian Sundheimer braucht seine Exponate nur ums Eck in die Residenz zu tragen. Schwerpunkt bilden die Werke einer Privatsammlung. Im Angebot sind mehrere hauchfeine Bleistiftzeichnungen von Rudolf Schlichter aus den 1920er-Jahren mit Schuhen und Beinen. Thomas Müllers aktuelle blaue Kugelschreiber-Zeichnung füllt das Blatt bildwürdig mit einem Muster aus dichten Wellenlinien (18 000 Euro).

Mit Stephen Hoffman nimmt die älteste Münchner Fotogalerie teil. Die Galerie Jordanow, ebenfalls aus München und mit einem Schwerpunkt auf Fotokunst, präsentiert die 21-teilige Bildfolge „EUR“ als Silbergelatineabzug von Hans-Christian Schink, entstanden 2014 in Rom. Einen Blick in die Zukunft gewährt das Gemeinschaftsprojekt der Highlights LAB mit Wunderkunst, die mehr sein will als eine Online-Galerie: Lassen wir uns überraschen!

Service

MESSE

Highlights,

Residenz München und Messezelt,

20. bis 23. Oktober

munichhighlights.com

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