Messe Art & Antique

Glanzvolles Comeback

Die Vorfreude ist groß, die Erwartungen sind hoch: Endlich findet die Art & Antique Salzburg nach der Zwangspause der letzten beiden Jahre wieder statt.

Von Gloria Ehret
06.04.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen 6/22

Die 45. Art & Antique in Salzburg lädt ein zur Kunstreise um die Welt. Die Messe ist Partner der Salzburger Festspiele, die zur Osterzeit vermögende, meist nicht nur an der Musik, sondern an der Kunst in ihrer ganzen Breite interessierte Gäste aus aller Welt in die Mozart-Stadt locken.

34 Aussteller bieten ein ansprechendes Programm, das die bildende und angewandte Kunst in ihrer ganzen Vielfalt auffächert – von der gotischen Plastik über die Zeugnisse der Wohnkultur und Lebensart des Barock bis hin zur außereuropäischen Kunst und zeitgenössischen Fotografie.

Traditionell wird man beim Betreten der ehrwürdigen Residenz von großen Steinskulpturen begrüßt, die der Aussteller Franz Schauer aus Krems präsentiert. Diesmal sind es Sandstein-Büsten einer Dame und eines Herren. Tritt man im ersten Stock in die Prunksäle selbst ein, steht man vor dem Kunstreich von Christian Eduard Franke. Der Bamberger Generalist setzt und erfüllt sogleich höchste Maßstäbe: Schweres Tafelsilber des 17. und 18. Jahrhunderts, bevorzugt aus Augsburg, füllt die Vitrinen. Meissener Porzellanleuchter von circa 1737/40 stammen aus dem Besitz der Kaiserinwitwe Josefs I. Die europäische Lebens- und Wohnkultur des 18. Jahrhunderts verkörpern überdies ein Braunschweiger Barockschrank mit gravierten Zinn- und Elfenbein-Einlagen sowie reich marketierte Pariser Salonmöbel von François Lebesque.

Art & Antik Salzburg
Arnulf Rainers Mischtechnik „O. T.“, 1996 datiert, wird bei Wienerroither & Kohlbacher präsentiert. © W&K Wienerroither & Kohlbacher, Wien

Teppiche sind das Spezialgebiet von Bagherpur aus Aschaffenburg, der stolz auf eine persische Seidenknüpfarbeit aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hinweist, zu der das Teheraner Teppichmuseum ein Pendant besitzt.

Kostbare Preziosen lassen sich umgehend zur Festspiel-Garderobe ausführen: Bei Ulf Englich (Inhaber Franz Wagner) aus Salzburg verführt ein zauberhaftes Fabel-Fisch-Gold-Geschmeide aus dem 19. Jahrhundert mit Natur- und Südseeperlen sowie Rubinen, Smaragden und Diamanten, das als Brosche und Anhänger getragen werden kann. Pintar aus Salzburg offeriert eine als goldenes Küken gestaltete Brosche, signiert „Hammerman Brothers“, aus dem New York der Achtzigerjahre (3900 Euro).

Nach solch hoffärtigen Exponaten besinnt sich der Christenmensch in den Ostertagen auch auf sakrale Kunst. Um 1250, wohl in Spanien, wurde der ergreifende Corpus Christi geschnitzt, der über einen Meter misst und bei Kohlhammer & Mahringer (Wien) für 80.000 Euro zu erwerben ist. Bei Walter Moskat (Wolfurt) fällt eine Heilige Barbara ins Auge, die in Tirol um 1500 entstanden ist und sich in ihrer originalen Fassung erhalten hat. Bei Franz Schauer (Krems) beeindruckt ein Lindenholz-Relief aus der Zeit um 1500 mit der Flucht nach Ägypten. Bei Artblue (Kanne) stehen eine fränkische Madonna mit Kind und eine chinesische Terrakotta-Hofdame aus der Tang-Dynastie (618–907) einträchtig nebeneinander. Der Ikonenspezialist Stefan Brenske (München) zeigt russische Gnadenbilder wie das in Feinmalerei ausgeführte „Allessehende Auge Gottes“ (7500 Euro). Als Messe-Neuling ist Dorothea Apovnik (Wien) mit Altmeistergemälden zu begrüßen. Um 1621 datiert sie eine „Madonna mit Kind“, die Guercino (Giovanni Francesco Barbieri) in caravaggesker Manier in Öl gemalt hat – wohl in Vorbereitung zu einem Gemälde im Frankfurter Städel.

Frühes Kunsthandwerk, sonst eher selektiv vertreten, wird vor allem bei Walter Moskat und Markus Strassner (Schärding) in Ehren gehalten – bei dem ein gewaltiger eisenbeschlagener Tresor – eine sogenannte Cassaforte aus dem Mailand des 17. Jahrhunderts – und eine prächtige, in Elfenbein und Silber gearbeitete Prunkplatte des Wiener Historismus ins Auge fallen.

Die Wiener Kunsthändler dominieren naturgemäß bei Wiener-Werkstätte-Einrichtungsgegenständen des Jugendstil und Art déco. Die Galerie bei der Albertina Zetter etwa präsentiert eine Salongruppe mit rundem Tisch und vier Armlehnstühlen aus dem Jahr 1911 von Hans Ofner, die einst in der Villa Godderidge in St. Pölten gestanden hat. Von Oskar Laske, der auf der Messe mehrfach vertreten ist, kann hier eine 1922 als faszinierendes Schauerlebnis gemalte Darstellung der „Türken vor Wien“ im Jahr 1529 erworben werden.

Von Michael Powolny, dem Schöpfer hinreißender Wiener Keramik-Figuren, präsentiert Susanne Bauer (Wien) den 1907 entworfenen Frühlingsputto in der Schwarz-Weiß-Fassung (16.000 Euro). Bei Florian Kolhammer (Wien) sticht eine zylindrische Keramikvase nach Entwurf von Karl Klaus mit geometrischer Ornamentbemalung ins Auge, die um 1910 von Serapis Wahliss ausgeführt wurde (7800 Euro). Auf den Architekten und Designer Josef Frank geht der Entwurf für eine puristische, auf Stäbe reduzierte Vitrine von 1946 zurück (18.000 Euro). Nikolaus Kolhammer (Wien) verweist auf einen Art-déco-Spiegel mit Nussholzrahmen und Elfenbeineinlagen, der von Josef Hoffmann entworfen und von Max Welz um 1935 ausgeführt worden ist (48.500 Euro).

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Bei Florian Kolhammer sticht eine puristische, auf Stäbe reduzierte Vitrine von 1946 nach einem Entwurf des Architekten und Designers Josef Frank heraus. © Florian Kolhammer, Wien

Gläser vom Barock bis zu zeitgenössischen venezianischen Designobjekten sind ein Standbein der Wiener Traditionsfirma Kovacek in der Spiegelgasse, Gemälde vom Biedermeier bis in die Gegenwart das andere. So konkurrieren aktuell eine 1961 datierte, in der Vetreria Vistosi ausgeführte Muraneser „Pulcino“-Glasplastik von Alessandro Pianon (9600 Euro) mit dem Gemälde „Auf den Roten Straßen der Mondberge“, das Friedensreich Hundertwasser auf seiner Afrika-Reise 1967 gemalt hat.

Der Silberspezialist Kende aus Tübingen hat sich mittlerweile zur führenden Adresse für zeitgenössische Objekte entwickelt. Sein Tafelleuchter-Paar nach Entwurf von Nan Nan Lin und eine Mokume-gane-Vase von Ryuhei Sako sind bedeutende Werke der angewandten Gegenwartskunst.

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Die Wiener Traditionsfirma Kovacek in der Spiegelgasse offeriert unter anderem eine 1961 datierte, in der Vetreria Vistosi ausgeführte Muraneser „Pulcino“-Glasplastik von Alessandro Pianon. © Kovacek Spiegelgasse

Mit Bildern des 19., 20. und 21. Jahrhundert reich bestückt sind die Messewände von Ausstellern mit gemischter Offerte. Die Wiener Galerie Giese und Schweiger gehört sicherlich zu den am längsten vertretenen Messeteilnehmern. Zudem ist Dr. Giese zahllosen Fernsehzuschauern als Gemälde-Spezialist der Sendung „Kunst und Krempel“ bekannt. Das 19. und frühe 20. Jahrhundert bilden die Schwerpunkte seines Programms. Herausgegriffen sei ein prachtvolles „Stillleben mit Nautilus, Blumen und Perlen“, in dem sich die virtuose malerische Raffinesse des Hugo Charlemont der 1880er-Jahre ausdrückt. Auch Hubert Scheibl begegnet man öfter: So bei Nikolaus Kolhammer mit dem 2003/04 auf einer Nepal-Reise gemalten Ölbild „Phoksudo“ (42.000 Euro) und bei Lilly’s Kunsthandel (Wien) mit „Solaris“ von 2010/11. Alfons Walde und Albin Egger-Lienz, die beiden Tiroler Maler-Heroen der Bergwelt beziehungsweise des Bauernlebens, dürfen auf keiner österreichischen Messe fehlen: Der Kunsthandel Freller (Linz) widmet ihnen sogar eine Sonderschau. Martin Suppan (Wien) konzentriert sich diesmal auf Alfred Zoffs Stimmungsimpressionismus mit Meeres- und Küstenlandschaften, die schon Kaiser Franz Josef I. begeisterten. Magnet (Völkermarkt) pflegt den „Nötscher Kreis“ mit Anton Koligs „Der Hamlet vom Dorfende“ von 1948 und Werner Bergs „Kirchtagsgehern“ von 1960. Bei der Galerie Hieke (Wien) nimmt uns Heinrich Schröder nach „Mallorca“ mit und an die südfranzösische Küste entführt uns Helene Funke. Gérard Schneiders Münchner Galerie Française favorisiert die französischen Klassiker mit zwei Gouachen: Georges Braques „Vol d’oiseaux“ von 1954 und Marc Chagalls „Parade au Circe“ sowie Serge Poliakoff, der zu Schneiders festen Größen gehört. Bei Kolhammer & Mahringer bezaubert Chagalls „Blick aus Paris durchs Fenster gesehen“. Andy Warhol darf auch nicht fehlen, dafür sorgt die Galerie Haas & Gschwentner (Salzburg). Und ohne Arnulf Rainer kommt keine österreichische Messe aus: Artziwna (Wien) präsentiert einen Farbenrausch in Hand- und Fingermalerei, ausgeführt 1983/84. Wienerroither & Kohlbacher (Wien) vereinen Arnulf Rainers Mischtechnik „O. T.“ von 1996 (Abb.) mit dem 1961 entstandenen Gemälde „Da, aus dem Zyklus Als alle Dinge …“ des viel geliebten Max Weiler.

Vielseitig ist das Programm des Kunsthauses Wiesinger (Wels). Von Albert Gleizes überzeugt die farbintensive Gouache „Mutter und Kind“ von 1934. Dort gibt es auch Arbeiten des Berliner Bildhauers Robert Metzkes, dessen zeitlos-klassisch-moderne Terrakotta-Statuetten und großen Bronzebildwerke eine breite Fan-Gemeinde haben. Eher an Salvador Dalí mag man sich bei Stefan Neidhardts bemalter Holzskulptur „Unterwerfung des Zeus“ am Stand von Michael Kraut (Bleiburg) erinnern, an dem ein wunderbares „Triest“-Bild von Friedrich Eigner auch eine zeitlos schöne Moderne vor Augen führt.

Längst haben auch Fotos die klassischen Kunst- und Antiquitätenmessen erobert. Ira Stehmann (München) kommt mit Venedig-Abzügen von Christopher Thomas nach Salzburg. Und die Galerie Ruberl (Wien) hat sich diesmal Marlene Dietrich verschrieben, die durch Aufnahmen von Irene Andessner präsent ist.

Service

MESSE

SALZBURG Art & Antique,

Residenz, 9. – 18. April 2022

artantique-residenz.at

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