Internationale Kunstmesse München

Neustart für die Highlights

Endlich ist es wieder so weit: Die Messe Highlights versammelt ihr gewohnt hochkarätiges Programm im edlen Ambiente der Residenz München

Von Gloria Ehret
19.10.2021
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 191

Nachdem die Pandemie-Einschränkungen im vergangenen Jahr nur eine reduzierte Form der Messe zuließen und der Ausweichtermin im Frühjahr kurzfristig abgesagt werden musste, dürfen wir uns nun wieder richtig auf die Highlights in München freuen: in der Residenz, mit vollem Programm. Von der Antike bis zu den Zeitgenossen spannen die rund 40 Teilnehmer den Bogen, unter ihnen eine Reihe renommierter Wieder- und Neuaussteller.

Die rheinischen Galeristen bilden traditionell einen Schwerpunkt mit deutschem Expressionismus, klassischer Moderne, Zero und Zeitgenossen. Emil Nolde ist bei ihnen mit Gemälden und Aquarellen vielerorts vertreten, etwa bei Beck und Eggeling, der noch andere große Namen mit sich führt. So beweist Arman mit seiner „Violon coupé en longueur“ von 1962, einer zerschnittenen Violine, wie ästhetisch eine Zerstörung anmuten kann (180.000 Euro). Von Otto Piene ist eine signierte und datierte Feuergouache auf geschwärztem Karton von 1963 zu erwerben (47.000 Euro), von Kurt Schwitters eine hinreißende Collage mit Fotografie aus dem Jahr 1947 (135.000 Euro). Ludorff wird Nolde gemeinsam mit Feininger oder Mack zeigen, bei Utermann hängt er neben Otto Mueller, Klee und Beckmann. Bei Schwarzer bezaubert ein Kirchner-Aquarell mit typischem Mädchen-Sujet und auch bei Michael Schwarze stehen Expressionismus, klassische Moderne und Kunst nach 1945 im Mittelpunkt. Die Brüder Schlichtenmaier aus Stuttgart haben immer die ganz Großen ihrer Region wie Willi Baumeister im Messegepäck. Gérard Schneiders Münchner Galerie Française ist die erste Adresse für Serge Poliakoff und die École de Paris. Der Kunsthandel Freller aus Linz steuert österreichische Malerei des 19. bis 21. Jahrhunderts mit Werken von Alfons Walde, Carl Moll oder Hermann Nitsch bei. Arbeiten auf Papier stehen generell im Fokus bei Thole Rotermund, Florian Sundheimer und dem Berliner Neuaussteller Jörg Maaß. Stefan Vogdt legt den Schwerpunkt auf Design. Stephen Hoffman und Ira Stehmann zeigen unterschiedliche Facetten der Fotokunst. Abstrakte Tendenzen des 20. und 21. Jahrhundert mit Werken von Vera Molnar, Carl Buchheister oder Walter Dexel vertritt Sina Stockebrand aus Veltheim.

Der Kunsthändler Alexander Kunkel aus München hat sich dezidiert der Kunst um 1900 verschrieben. Er hebt zwei Paradewerke der symbolistischen Malerei in Öl auf Leinwand hervor: Max Klingers „Venus im Muschelwagen“, um 1912 (250.000 Euro), und Franz von Stucks signiertes „Liebespaar am Waldrand“ um 1892 (175.000 Euro).

Bei Georg Laue taucht man ein in die Welt der Kunstkammern. Ein voll signiertes und 1695 datiertes, ungewöhnliches Silberrelief des gefeierten Augsburger Goldschmieds Johann Andreas Thelot mit der Darstellung des Chronos diente ursprünglich als Rahmen für ein kleinformatiges Ölgemälde auf Kupfer oder Elfenbein. Im ovalen Lorbeerkranz zeigte es wohl das Brustbild eines Verstorbenen. Chronos in Begleitung der Personifikation der Tugend geht auf einen Kupferstich zur Genealogie der Thurn und Taxis von 1645 zurück. Wahrscheinlich fertigte Thelot das Tondo für Eugen Alexander von Thurn und Taxis (1652–1714) als Andenken an dessen Vater Lamoral Claudius (34.000 Euro).

Aus Bamberg kommen die Generalisten Christian Eduard Franke, mit einem Schwerpunkt beim höfischen Silber, und Senger, dessen mittelalterlicher Skulpturen-Keller legendär ist. Ein Höhepunkt bei Franke ist eine prachtvoll feuervergoldete, signierte Pariser Bronze-Kartelluhr von J. B. Baillon um 1730 mit einem äußerst seltenen 30-Tage-Gangwerk, was für hohe Komplikation und Kunstfertigkeit spricht. Sie stammt aus Holsteiner Privatbesitz (68.500 Euro). Nicht minder bemerkenswert ist eine wunderbar erhaltene Spindler-Kommode. Ihre Vorbesitzer waren die Freiherren von Plotho, die Handhaben weisen verschiedene Wappenvarianten der Familie auf (285.000 Euro). Senger hat mit der Übernahme durch die nächste Generation das Programm in die Moderne erweitert. Neben zwei aufeinander bezogenen fränkischen Lindenholzreliefs mit Anna selbdritt und dem heiligen Achatius aus der Riemenschneider-Schule um 1510 findet man hier Gabriele Münters kleines Hochformat-Ölgemälde „Dorfstraße mit Huhn“, um 1908, aus dem Nachlass der Künstlerin (168.000 Euro).

Bronzekartelluhr Messe Highlights München
Die feuervergoldete Bronzekartelluhr von J.B. Baillon hat Franke im Angebot. © Christian Eduard Franke

Florian Eitle-Böhler (Starnberg) offeriert zwei außergewöhnliche sakrale Werke: Kaum glaublich, welch prickelnde Erotik und verbotene Lüsternheit die Szene von Lot und seinen Töchtern auf dem Wachsrelief von Daniel Neuberger d. J. ausstrahlt. Kein Wunder, dass der Augsburger Modellierer in Wien unter Kaiser Ferdinand III. zum Hofbildhauer aufstieg, wo solche Arbeiten besonders geschätzt wurden. Das teils vergoldete, farbige Wachsrelief misst 62 x 52 Zentimeter und hat sich im originalen Rahmen erhalten (85.000 Euro). Den Charme des niederbayerischen Rokokos atmet die kleine Lindenholzskulptur um 1760 des Heiligen Josef mit dem Jesusknaben auf dem Arm. Die originale Farbfassung mit Vergoldung über Silberlüster, die innige Beziehung zwischen Ziehvater und Kind und der virtuose Faltenstrudel des Gewandes lassen an Christian Jorhan und ein Werk für die Privatandacht denken (25.000 Euro).

Die Parade großartiger Werke bei Peter Mühlbauer (Pocking) machen die Wahl schwer: Das in Gold und Email gefasste Mailänder Bergkristall-Deckelgefäß mit Maskarons und geschnittenen Ranken aus der Saracchi-Werkstätte um 1580 war bereits 1965 in der Ausstellung “Kunstschätze aus Münchner Privatbesitz“ zu sehen (145.000 Euro). Ein kunstvoll gedrechselter Elfenbeinpokal um 1640 stammt aus der berühmten Nürnberger Werkstatt des Lorenz Zick (115.000 Euro). Wegen ihrer angeblich giftabweisenden Wirkung waren Serpentingefäße in der Renaissance sehr geschätzt. Zu dem höfischen Humpen aus gedrechseltem Zöblitzer Granatserpentin befinden sich ähnliche Stücke im Grünen Gewölbe (48.000 Euro).

Neuaussteller Martin Bruckner aus Berlin bereichert die alte Kunst um unterschiedliche Facetten. Unter den kostbaren Goldschmiedearbeiten verweist er auf den wunderbaren Augsburger Vermeil-Becher des Elias III Busch um 1709/12 mit einer farbleuchtenden, umlaufenden sogenannten Frauenhausszene wohl von Johann Jakob I Priester (120.000 Euro). Von Carl Rottmann, der dem Künstlerkreis um König Ludwig I. zugerechnet wird, bringt Bruckner eine hinreißende Voralpenlandschaft in Öl auf Holz mit in die bayerische Heimat (60.000 Euro).

Carl Rottmann Messe Highlights München
Die Voralpenlandschaft aus den 1820ern von Carl Rottmann zeigt Martin Bruckner in München. © Bruckner Antiques

Die beiden wichtigsten deutschen Porzellanspezialisten Langeloh und Röbbig überzeugen mit exzellenten Meissen-Objekten: Röbbig nennt drei Augustus-Rex-Vasen, die den Geschmack des Auftraggebers und großen Porzellanförderers August des Starken veranschaulichen. Die früheste, teuerste und mit 29,5 Zentimetern größte, 1725/28 entstandene Balustervase mit langem zylindrischem Hals ist mit floralem Dekor der Jahreszeiten bemalt (220.000 Euro). Um 1735 zu datieren ist die Bechervase mit bunten Fabeltieren (180.000 Euro). Die um 1740/45 geschaffene Deckelvase zeigt Figurenszenen auf Konsolen, ausgeführt wohl von Johann Jakob Wagner. Die Motive gehen u. a. zurück auf die Grafik „Cholerica“ aus der Folge der „Vier Temperamente“ als Schäfergruppen und Kostümfiguren von Johann Evangelist Holzer bzw. Johann Georg Bergmüller (95.000 Euro), die wiederum auf einem Entwurf für die „Feste Bacchique“ von Moyreau nach Watteau basiert.

Friedel Kirsch, Chefin des über hundert Jahre bestehenden Familienunternehmens Langeloh Porcelain , hebt einen sehr seltenen Meissener Teller von 1721 hervor. Die Malerei von Johann Christoph Horn kombiniert Unterglasur-Blaudekor mit vorwiegend roter Emailmalerei und zeigt eine Chinesenszene im Spiegel. Vormals als ausgebildeter Blaumaler in der Dresdener Fayencemanufaktur seines Verwandten Eggebrecht tätig, wurde Horn 1720 von Höroldt in die Porzellanmanufaktur abgeworben, wo er sich rasch in die Emailmalerei eingearbeitet hat. Der Teller, zu dem sich nur ein Vergleichsstück im Dresdener Zwinger befindet, trägt zwei pseudochinesische Marken (65.000 Euro). Dazu gesellen sich zwei Meissen-Tableaux in anmodellierten, vergoldeten Porzellanrahmen mit Rocailles. Das Modell stammt von Johann Gottlieb Ehder, 1747. Die feine Porzellanmalerei um 1750 mit zwei höfischen Jagdszenen zu Pferd in Landschaft geht auf Philips Wouwerman zurück (28.000 Euro).

Wieder dabei ist Dr. Rainer Jungbauer aus Straubing mit europäischer Barock- und Rokokoskulptur. Das Tübinger Kunsthaus Kende ist auf Silber spezialisiert und gilt als wichtigste Adresse für Silberkunst der Gegenwart, die besonders in England gepflegt wird. Der Kunsthandel Ehrl aus Greding setzt auf Cross-over mit historischem Kunsthandwerk, Möbeln, Skulpturen, Kunst nach 1945 und zeitgenössischen Werken.

Buddhafigur Messe Highlights München
Die massive Buddhafigur der Rattanakosin-Periode um 1800/50 gibt es bei Benedikt von Grießenbeck zu finden. © Grießenbeck

Benedikt von Grießenbeck hat sich, wie sein Vater Georg Hartl, den klassischen Asiatika verschrieben. Dafür steht eine prachtvolle thailändische Buddhafigur der Rattanakosin-Periode um 1800 bis 1850. Die massive, mit 110 Zentimetern fast monumentale Bronzeguss-Sitzfigur Buddha Shakyamuni mit eingelegten Perlmuttaugen in Halbmeditation (Virasana) verkörpert die Geste der Erdanrufung „Bhumisparsha Mudra“ (75.000 Euro).

Die Amsterdamer Kunsthandlung Zebregs & Röell lenkt das Interesse auf exotische „koloniale Kunst“ des 16. bis 19. Jahrhunderts, wie sie seinerzeit auch in europäischen Kunstkammern nicht fehlen durfte. Um ein viktorianisches Glanzstück handelt es sich bei dem vergoldeten Feuerschirm, den eine Vielzahl tropischer Kolibris schmückt. Natürlich wurde er, wenn überhaupt, erst vor dem erloschenen Kamin aufgestellt. Als eines der bedeutendsten Kolibri-Taxidermie-Objekte der Epoche befand sich dieses Hauptwerk von Henry Ward (1812–1878) bislang in Privatbesitz. So hat sich das bunt schillernde Gefieder der präparierten Vögel, die als Juwelen des Dschungels gelten, perfekt erhalten (195.000 Euro). Die große, reich gravierte Silberschatulle vom Typ der „Governor’s document box“, wie sie auch im Amsterdamer Rijksmuseum zu bewundern sind, stammt aus Masulipatnam, von der indischen Koromandelküste um 1730/50 (125.000 Euro).

Georg Laue Messe Highlights München
Das Thelot Silberrelief kommt aus der Kunstkammer Georg Laue. © Jens Bruchhaus/Kunstkammer Georg Laue

Max Lerch, der bedeutende Münchner Teppichspezialist, hat einen seltenen kaukasischen „Sternkasak“ (220 x 160 cm) im Angebot, der um 1850 einzuordnen ist. Lange in einer alten Privatsammlung, konnte er seine Strahlkraft dank des hervorragenden Zustands bewahren (36.ooo Euro).

Auch an kostbaren Kleinodien und Geschmeiden herrscht bei der Highlights kein Mangel: Almut Wager etwa verbindet Schmuck des 17. bis 20. Jahrhunderts mit Miniaturen und objets de vertu des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Sie hebt eine Miniatur mit dem Portrait eines jungen Mannes von Jean Baptiste Jacques Augustin, dem Hofminiaturisten unter Napoleon und Louis XVIII, hervor (14.000 Euro). Familie Hemmerle, in vierter Generation auf der Maximilianstraße präsent, brilliert mit Kreationen höchster Juwelen- und Goldschmiede-Handwerkskunst.

Im Highlights-Salon sind Exponate der Galerien Walter Storms, Achim Hagemeier und Martina Tauber zu sehen. Einen Blick in die Zukunft will das Highlights-Lab werfen. Hier werden Studenten-Arbeiten aus der Akademie der Bildenden Künste in München gezeigt, die mit vielversprechenden Positionen aufwarten. 

Service

MESSE

„Highlights. Internationale Kunstmesse“

München, Residenz,

21. bis 24. Oktober 2021

munichhighlights.com

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