Auktionshaus Künker

Münz-Marathon

Das Münzauktionshaus Künker in Osnabrück versteigert so viele bedeutende Sammlungen, dass eine Woche dafür nicht ausreicht

Von Hartmut Kreutzer
16.03.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 4/22

Mit sieben (!) Einzelauktionen stellt Künker in diesem Frühjahr einen bemerkenswerten Rekord auf. Wegen des ungewöhnlich großen Umfangs ist das Angebot diesmal auf zwei zeitlich getrennte Blöcke verteilt. Der erste beginnt am 21. März mit der Auktion 361, in der unter dem Titel „Der geprägte Glanz der Welfen“ eine bedeutende Spezialsammlung mit Prägungen der braunschweigischen Herzog- beziehungsweise Fürstentümer zur Versteigerung kommt. Unter den knapp 800 Stücken befinden sich zahlreiche herausragende Goldprägungen mit Taxen bis zu 50.000 Euro.

Münzauktion Künker
Der anderthalbfache Reichstaler aus dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel zeigt Herzog Julius mit geschulterter Streitaxt und rechts neben ihm im Kleinformat das herzogliche Wappen. Die Taxe liegt bei 12.500 Euro. © Künker, Osnabrück
Münzauktion Künker
Für die welfischen Herzogtümer charakteristisch sind das springende Sachsenross und der Wilde Mann mit einem ausgerissenen Baum in der rechten Faust. Die Brille in der linken Hand ist namensgebend für diese Münzen, die als „Brillentaler“ bezeichnet werden. © Künker, Osnabrück

Die komplizierten dynastischen Verhältnisse der welfischen Teilherzogtümer machen es nicht einfach, sich unter den verschiedenen Landesbezeichnungen und Herrschernamen zu orientieren. So wurde aus dem Teilfürstentum Braunschweig-Calenberg mit der Residenzstadt Hannover das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg – inoffziell auch Kurfürstentum Hannover genannt –, das ab 1714 in Personalunion mit England verbunden war, nachdem Kurfürst Georg August als Georg I. den englischen Thron bestiegen hatte. Eine imposante Goldmedaille zu 50 Dukaten zur Feier seines Regierungsantritts ist auf 25.000 Euro taxiert. Mit 50.000 Euro am höchsten geschätzt ist ein Zehndukatenstück von 1615, das Herzog Friedrich August (1613 – 1634) aus der wolfenbüttelschen Linie barhäuptig im Harnisch mit Kommandostab zeigt, den Helm im linken Arm.

Aus dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel stammen auch die beiden auffälligsten Silberstücke: ein doppelter und ein anderthalbfacher Reichstaler (Taxen 10.000 und 12.500 Euro). Auf dem Avers der bildgleichen Münzen, die beidseitig wie kaum eine andere Renaissanceprägung mit Bildmotiven, heraldischen Zeichen, sonstigen Symbolen und Sinnsprüchen überladen sind, sieht man nahezu frontal das geharnischte Hüftbild des Herzogs Julius (1568 – 1589) mit geschulterter Streitaxt und rechts neben ihm im Kleinformat das herzogliche Wappen, für das auf dem Revers, wohin es eigentlich gehört hätte, kein Platz mehr geblieben war. Dort begegnet man bildfüllend gleich zweien der für die welfischen Herzogtümer charakteristischen, gewöhnlich einzeln abgebildeten Sinnbilder: dem springenden Sachsenross (auch Niedersachsen- oder Welfenross) und einem Wilden Mann mit einem ausgerissenen Baum in der rechten Faust, der nicht – wie üblich – frontal in der Bildmitte steht, sondern vom rechten Bildrand zur Bildmitte schreitet. In der Linken hält er einen Leuchter mit einer brennenden Kerze, darunter sind ein Totenschädel, ein Stundenglas und eine Brille abgebildet, weshalb diese Münzen als „Brillentaler“ bezeichnet werden.

Münzauktion Künker
Die Goldmünze zu 5 Dukaten zeigt hintereinander gestaffelt die bekrönten und geharnischten Brustbilder von drei aufeinanderfolgenden Kaisern aus dem Hause Habsburg. © Künker, Osnabrück

Die dem Bildrand folgende Umschrift W.H.D.A.L.V.B.D.S.S.N.H.V.K.W könnte man wie folgt lesen: „Was hilft dem Auge Licht und Brill’, wenn der sich selbst nicht hör’n und kieken will.“ Damit wären zwar das Licht und die Brille erklärt, nicht aber der Totenschädel und das Stundenglas, Sinnbilder für die Vergänglichkeit des Lebens. Möglicherweise findet man hierin eine Anspielung auf die Sterblichkeit des Herrschers selbst, wobei die Brille ein Hinweis darauf sein könnte, dass Julius, als drittältester Sohn Herzog Heinrichs des Jüngeren, ursprünglich für die geistliche Laufbahn vorgesehen und – durch den frühen Tod seiner älteren Brüder ganz unvorhergesehen auf den Herzogthron gelangt – eigentlich ein Mann der Gelehrsamkeit war. Nach seinem Regierungsantritt führte er in seinem Land alsbald die Reformation ein, nachdem sein Vater als einziger der welfischen Herzöge bis zuletzt am Katholizismus festgehalten hatte. Die brennende Kerze in der Hand des Wilden Mannes sieht man auch noch auf anderen Prägungen des Herzogs, weshalb diese Münzen als „Lichttaler“ bezeichnet werden (Taxen 300 – 500 Euro). Nach gängiger Deutung illustriert die sich im Brennen selbst aufzehrende Kerze das Lebensmotto des Herzogs: „aliis inserviendo consumor“ – „im Dienste anderer verzehre ich mich“.

Die folgende, gemeinsam mit der Fa. Stack’s & Bowers veranstaltete Auktion 362, die sich nicht nur durch die graue Farbe des Katalogeinbands von den anderen Auktionen abhebt, enthält den zweiten Teil der Sammlung Mark Salton (geboren 1914 in Frankfurt a. M. als Max Schlessinger, Sohn des bekannten Münzhändlers Felix Schlessinger). Der erste Teil war im Januar 2022 in New York mit überwältigendem Erfolg versteigert worden. Die 1700 (!) Goldmünzen aus verschiedenen Ländern Europas beeindrucken durch Seltenheit und beste Erhaltung. Teuerstes Stück ist ein um 1600 in den Niederlanden geprägter achtfacher Rosenoble, der einen vierfachen Sovereign der englischen Königin Elisabeth I. imitiert (Taxe 250.000 Euro).

Von großer Seltenheit und besonderem historischen Interesse sind zwei habsburgische Goldmünzen (Taxen 150.000 und 50.000 Euro), sogenannte Dreikaiserprägungen – eine zu acht, eine zu fünf Dukaten –, auf deren Aversen hintereinander gestaffelt die bekrönten und geharnischten Brustbilder von drei aufeinanderfolgenden Kaisern aus dem Hause Habsburg abgebildet sind: Maximilian I. (1493 – 1519), Karl V. (1519 – 1558) und Ferdinand I. (1531 – 1564). Die Münzbilder unterscheiden sich dadurch, dass die Kaiser auf dem Achtdukatenstück eine Bügelkrone tragen, während man auf der anderen Münze eine sogenannte Mitrakrone auf ihren Köpfen sieht.

Mit diesen imposanten Goldstücken demonstrierte das Haus Habsburg, das seit 1438 ununterbrochen die Deutschen Kaiser stellte, seine Entschlossenheit, diese Reihe fortzusetzen und die Kaiserwürde über die Generationen hinweg nicht mehr aus der Hand zu geben – was dann ja tatsächlich auch gelang, bis mit Karl VII. (1742 – 1745) unprogrammgemäß ein Wittelsbacher Deutscher Kaiser wurde. Der ihm auf dem Kaiserthron nachfolgende, aus Lothringen stammende Joseph I., der den Kaisertitel nur seiner Verheiratung mit der Erzherzogin von Österreich – Maria Theresia aus dem Hause Habsburg – verdankte, war dann kein „echter“, sondern nur ein „angeheirateter Habsburger“.

Münzauktion Künker
Mit 2000 Euro taxiert ist ein Stater von der thrakischen Insel Thasos (um 435 / 411 v. Chr.). Der Avers zeigt einen Satyr im Knielaufschema, der lüstern eine keinen erkennbaren Widerstand zeigende Bacchantin davonträgt. © Künker, Osnabrück

Goldprägungen aus aller Welt bringt die Auktion 363 mit einer bedeutenden Sammlung gotischer Goldmünzen. Von besonderer Seltenheit ist eine in Valenciennes unter Albert von Bayern (1389 – 1404) geprägte Grande Couronne d’or (Taxe 7500 Euro). Albert hatte von seinem Vater Ludwig IV., dem ersten Wittelsbacher auf dem deutschen Königsthron, nicht nur das Herzogtum Bayern-Straubing geerbt, sondern auch die Grafschaften Holland, Seeland und Hennegau.

Mit der Auktion 364 („Vom Taler zur Mark“, Sammlung Köhlmoos) endet der erste Block.

Am 4. April geht es weiter mit „Münzen der antiken Welt“ (Auktion 365). Am Anfang steht eine Auswahl griechischer Münzen, deren teuerstes Stück ein goldener Doppelstater Alexanders des Großen ist (Taxe 20.000 Euro). Bei den Römern dominieren die kaiserzeitlichen Prägungen, unter denen ein mit 15.000 Euro taxierter Aureus des Lucius Verus (161 – 169 n. Chr.) besondere Erwähnung verdient. Die mehrfigurige Szene auf dem Revers zeigt einen realen historischen Vorgang: die Einsetzung des Sohaemus als König von Armenien durch Lucius Verus im Jahr 162 oder 163 n. Chr. Vorausgegangen waren Kämpfe zwischen Rom und den Parthern um die Herrschaft über Armenien. 144 n. Chr. war Sohaemus schon einmal von den Römern unter Antoninus Pius als König eingesetzt worden, hatte dann aber vorübergehend den Thron räumen müssen. Gegenüber dem lebensnahen, vollendet ausgeführten Kaiserporträt auf dem Avers fällt das Reversbild – wie so oft auf römischen Münzen – stilistisch stark ab.

Münzauktion Künker
Bei den Römern dominieren die kaiserzeitlichen Prägungen - wie der mit 15.000 Euro taxierte Aureus mit einem Bildnis des Lucius Verus. © Künker, Osnabrück

Die folgende, mit „Keltengeld“ betitelte Auktion 366 umfasst zahlreiche keltische „Regenbogenschüsselchen“ in Gold sowie eine Vielzahl „barbarischer Prägungen“ – vorwiegend mehr oder weniger verfremdete Nachahmungen hellenistischer oder römischer Münzen, wobei häufig makedonische Statere und Tetradrachmen kopiert wurden.

Am Ende der Reihe steht die Auktion 367 mit griechischen und römischen Münzen aller Epochen. Unter dem Titel „Griechische Münzen in schönen Erhaltungen – Die Sammlung Dr. Guy Sylvain Paul Bastin“ findet man zunächst griechische Prägungen von hoher Qualität. Mit 2000 Euro taxiert ist ein Stater von der thrakischen Insel Thasos (Abb. S. 12), dessen Avers einen Satyr im Knielaufschema zeigt, der lüstern eine keinen erkennbaren Widerstand zeigende Bacchantin davonträgt (kaum anzunehmen, dass von ihm zuvor korrekt eine Einverständniserklärung eingeholt wurde …). Ein zweites, nicht ganz so gut erhaltenes Exemplar desselben Typs ist mit 500 Euro taxiert. Es folgt eine kleinere, auch Prägungen der Kaiserzeit umfassende Kollektion römischer Münzen aus derselben Sammlung.

Aus der Zeit der Republik stammt ein mit 2000 Euro geschätzter Denar des L. Hostilius Saserna aus dem Jahr 48 v. Chr., mit dem die Siege Caesars im Gallischen Krieg gefeiert wurden. Der markante bärtige Kopf mit wehendem Haar auf dem Avers wird gewöhnlich als Porträt des Gallierführers Vercingetorix gedeutet. Die Zuschreibung erscheint freilich einigermaßen abwegig, wird man in Rom doch kaum dem sonst Göttern oder mythischen beziehungsweise historischen Persönlichkeiten der römischen Geschichte vorbehaltenen Platz auf der Kopfseite der Münzen einem Todfeind Roms gewidmet haben, dem es gelungen war, die Stämme Galliens zu einem Aufstand gegen die römische Besatzung zu vereinen, und den Caesar erst nach langen, erbitterten Kämpfen im Jahr 52 v. Chr. in der Entscheidungsschlacht bei Alesia besiegen und gefangen nehmen konnte, um ihn dann nach mehrjähriger Kerkerhaft 46 v. Chr. in Ketten im Triumph durch Rom zu führen und danach ermorden zu lassen.

Münzauktion Künker
Aus der Zeit der Republik stammt ein mit 2000 Euro geschätzter Denar des L. Hostilius Saserna aus dem Jahr 48 v. Chr., mit dem die Siege Caesars im Gallischen Krieg gefeiert wurden. Der markante bärtige Kopf mit wehendem Haar auf dem Avers wird gewöhnlich als Porträt des Gallierführers Vercingetorix gedeutet. © Künker, Osnabrück

Ab Losnummer 7502 kommen dann unter dem Titel „Die Sammlung Dr. W. R., Teil 6“ wieder Münzen der römischen Republik zur Versteigerung. Die einzelnen, im Katalog sorgfältig beschriebenen Stücke sind auf sechseinhalb Seiten noch einmal tabellarisch erfasst und sachkundig kommentiert. Die Taxen bewegen sich zumeist zwischen 75 und 250 Euro, über 1000 Euro hinaus gehen sie nur bei einigen wenigen, besonders attraktiven beziehungsweise begehrten Stücken wie einem weiteren Denar des bereits erwähnten „Vercingetorix“-Typs (Taxe 1250 Euro). Das eine Kampfszene mit Streitwagen zeigende Reversbild wirkt bei diesen Münzen stilistisch ganz besonders unbeholfen.

Generell muss man feststellen, dass die römischen Stempelschneider gerade mit figürlichen Darstellungen oft ihre Schwierigkeiten hatten. Wer als Sammler antiker römischer Münzen vorrangig am geschichtlichen Hintergrund und weniger an der ästhetischen Wirkung orientiert ist, wird sich hieran aber nicht stören, findet er doch in reichem Maße Gelegenheit, sich zu erschwinglichen Preisen ein historisch hochinteressantes Sammelgebiet zu erschließen. Sozusagen außer Konkurrenz läuft hier ein Goldstück zu 60 Assen mit dem behelmten Kopf des Ares auf der einen und einem stehenden Adler mit ausgebreiteten Schwingen auf der anderen Seite (Taxe 5000 Euro).

Service

Auktion

Künker, Osnabrück,

Auktionen 21. bis 25. März,

4. bis 6. April

Besichtigung nach Anmeldung

kuenker.de

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